George Soros und der IWF: Ziemlich beste Freunde
Seite 4: Der König der Finanzwelt
Der IWF ist Sachwalter der Interessen der Finanzwelt, wie Stiglitz diagnostizierte, und als der Welt reichster Hedgefonds-Manager ist George Soros so etwas wie der ungekrönte König dieser Finanzwelt. Als Mäzen der "Offenen Gesellschaft" ist er auch ein Messias der "Offenen Märkte", durch die ganze Gesellschaften, Völker und Kulturen zum Freiwild für Großkonzerne werden. Der IWF, den Ziegler als unter massivem Einfluss der Wall Street stehend beschreibt, stellt laut Stiglitz den Kreditvertrag über den Gesellschaftsvertrag der betroffenen Länder und untergräbt damit langfristig die Stabilität von Wirtschaft und Gesellschaft:18
Es ist daher verständlich, dass der IWF und die Strategien, die er Ländern in der ganzen Welt aufzwingt, auf so heftige Ablehnung stoßen. Die Milliarden von Dollar, die er bereitstellt, dienen dazu, den Wechselkurs für kurze Zeit abzustützen; unterdessen können die Ausländer und die Reichen ihr Geld (durch die offenen Kapitalmärkte, die der IWF den Ländern aufoktroyiert hat) zu günstigen Bedingungen außer Landes schaffen.
Joseph Stiglitz
Etwas klarer könnte man sagen, dass der IWF den Schuldendienst verelendeter Länder über die Demokratie und über jede Humanität stellt. Für all diese Zusammenhänge hat Soros kein Verständnis in seinem Globalisierungsreport, wo er die IWF-Politik rechtfertigte. Die Folgen der so ausgelösten Asienkrise für die Menschen waren nicht Soros' Thema, ebenso wenig seine Profite.
Auch Stiglitz wirkt etwas taub für die sozialen Folgen der Finanzoperationen, er kritisiert eher ihre theoretische Inkonsistenz bzw. ideologische Verzerrung im Dienste der Profitmaximierung bestimmter Spekulanten. Der Globalisierungskritiker Jean Ziegler treibt die Betrachtung der Asienkrise weiter und prangert dabei neben den Spekulanten vor allem auch den IWF an:19
Der IWF... ist auch der Garant der Profite der ausländischen Spekulanten... Nehmen wir Thailand als Beispiel. Im Juli 1997 attackierten die internationalen Spekulanten die nationale Währung, den Bath... Nach dreiwöchigem Ringen warf die Zentralbank erschöpft das Handtuch und wandte sich an den IWF, der der Regierung neue Anleihen aufzwingt. Doch mit diesen neuen Krediten musste Bangkok vorrangig die ausländischen Spekulanten vergüten. Auf diese Weise hat kein einziger der ausländischen Spekulanten (...) auch nur einen Cent in Thailand verloren. Gleichzeitig zwang der IWF die Regierung, hunderte Spitäler und Schulen zu schließen…
Jean Ziegler
Soros und Koch Industries
Nicht hinter jedem Putsch gegen eine legitime sozialistische oder soziale Regierung kann natürlich Soros stecken. Er scheint sich gelegentlich sogar eine Art Konkurrenzkampf mit den rechtslibertären Think Tanks aus dem Umfeld der Ölbaron-Gebrüder Koch zu liefern. Beim jüngsten Putsch in Brasilien sollen die Koch-Stiftungen Drahtzieher rechtsextremer Oppositionsgruppen gewesen sein, während Soros-nahe Aktivisten sogar für die gemäßigt-linke Koalitionsregierung von Dilma Rousseff eintraten. Doch wer auch immer dahinterstecken mag, der IWF wird auch über den rechtswidrigen Sturz von Rousseff frohlocken.
Keine andere Finanzorganisation hat im vergangenen halben Jahrhundert so tief in das Leben so vieler Menschen eingegriffen wie der IWF, leitet Ernst Wolff seine Kritik20 ein. Der IWF habe seinen Einflussbereich bis in die entlegensten Winkel der Erde ausgeweitet, in Afrika, Asien und Südamerika gebe es kaum noch ein Land, in dem seine Politik nicht ein- oder mehrmals durchgesetzt wurde. Offiziell bestehe die Hauptaufgabe des IWF zwar darin, das globale Finanzsystem zu stabilisieren und in Schwierigkeiten geratenen Ländern aus der Krise zu helfen.
Aber in der Realität erinnern seine Einsätze Wolff eher an Feldzüge kriegführender Armeen. Wo immer der IWF einschreitet, greift er tief in die Souveränität von Staaten ein, zwingt ihnen Maßnahmen auf, die von der Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt werden, und hinterlässt eine breite Spur wirtschaftlicher und sozialer Zerstörung21 Hunger und Schulden sind die Massenvernichtungswaffen dieser Kriegsführung, die Verschuldung entsteht durch Privatisierung und Korruption.22
Unsere Leitmedien übertönen jede Kritik an diesen Machtmechanismen23, trompeten das Lied des IWF von den freien Märkten und "Offenen Gesellschaften" und erklären am Ende noch Hedgefonds-Manager zu "Rockstars der Globalisierung". Lassen wir das abschließende Wort zur maßgeblich vom IWF gestalteten Globalisierung dem Nobelpreisträger Joseph Stiglitz:24
Die bislang betriebene Globalisierung versucht, die Diktatur nationaler Eliten durch die Diktatur der internationalen Finanzmärkte zu ersetzen. (…) Diese Abtretung der Souveränität hat unter anderem zur Folge, dass sie von den launenhaften Kapitalmärkten einschließlich der Spekulanten, die sich einzig für kurzfristige Profitchancen und nicht für die langfristigen Wachstumsaussichten oder die Steigerung des Lebensstandards interessieren, 'diszipliniert' werden, die ihnen sagen, was sie tun und lassen sollen.
Joseph Stiglitz
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