Gesetz gegen Lebensmittelverschwendung: Essen retten, aber wie?

Mit besonders provokanten Aktionen macht seit mehr als einem Jahr die "Letzte Generation" auf das Problem aufmerksam. Foto: Letzte Generation

Bundestag debattiert über neue Regeln. Die Linke will Bußgelder für Supermärkte, die noch Verzehrfähiges wegwerfen. Unionsparteien wollen Haftungsrisiken bei Spenden aus dem Weg räumen.

Wer erinnert sich heute noch an die erste, eigentlich bescheidene Forderung, mit der die "Letzte Generation" Anfang 2022 ihre umstrittenen Aktionen des zivilen Ungehorsams begann? – Richtig, es ging um ein Gesetz gegen Lebensmittelverschwendung, ein "Essen-Retten-Gesetz", wie es die inzwischen berüchtigten "Klimakleber" nannten.

Während sie am Mittwoch in Berlin konzertierte Blockadeaktionen starteten – die Bild spricht von einem "unbefristeten Klima-Krieg" und findet problematisch, dass die evangelische St.-Thomas-Kirche den Aktiven Räume zur Verfügung stellt – hat der Bundestag nun tatsächlich über Maßnahmen gegen Lebensmittelverschwendung debattiert.

Zwei Anträge dazu wurden allerdings erst einmal an den federführenden Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft zur weiteren Beratung überwiesen. Der Antrag der Unionsparteien mit dem Titel "Lebensmittelverschwendung wirksam verringern – Lebensmittelspenden fördern" ebenso wie der Antrag der Linksfraktion mit der Überschrift "Lebensmittelverschwendung durch Wegwerfverbot noch verzehrfähiger Nahrungsmittel verringern".

Letzteres entspricht eher den Forderungen der Klimabewegung. Supermärkte und Discounter ab einer Ladenfläche von 400 Quadratmetern sollen sowie Großbetriebe der Gastronomie und der Lebensmittelindustrie sollen bei Androhung von Bußgeldern darin gehindert werden, noch verzehrfähiger Lebensmittel zu vernichten oder wegzuwerfen.

Gefordert wird eine "Pflicht zum unentgeltlichen Angebot noch verzehrfähiger Lebensmittelreste an soziale Einrichtungen, die bei der Abholung, Lagerung, Kühlung, Verarbeitung und Verteilung von den abgebenden Lebensmittelunternehmen finanziell unterstützt werden sollen". Hinzu kommt im Antrag der Linken die Entkriminalisierung des "Containerns":

Es stellt einen ethischen Grundwiderspruch dar, wenn das sozialwidrige Verhalten der Verschwendung von Lebensmitteln von der Rechtsordnung in Deutschland geschützt und gleichzeitig das sozialethische Verhalten der Rettung von Lebensmitteln zum Beispiel durch so genanntes Containern (die Entnahme von Lebensmitteln aus fremden Abfallbehältern) strafrechtlich sanktioniert wird.


Aus dem Antrag "Lebensmittelverschwendung durch Wegwerfverbot noch verzehrfähiger Nahrungsmittel verringern" / 20/6413

In diesem Punkt hatten die Bundesminister für Landwirtschaft und Justiz, Cem Özdemir (Grüne) und Marco Buschmann (FDP) schon Anfang des Jahres Reformbereitschaft signalisiert, allerdings mit einem Haken: Weiterhin bestraft werden soll das "Containern" in Fällen, "bei denen auch ein Hausfriedensbruch vorliegt, der über die Überwindung eines physischen Hindernisses ohne Entfaltung eines wesentlichen Aufwands hinausgeht oder gleichzeitig den Tatbestand der Sachbeschädigung erfüllt". Es hinge also von der Bereitschaft der Supermärkte ab, die Mülltonnen mehr oder weniger frei zugänglich zu halten.

Union will Haftungsrisiken aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch streichen

Auch CDU und CSU erkennen als Problem, dass in Deutschland pro Jahr elf Millionen Tonnen an Lebensmitteln im Mülleimer landen. Sie wollen aber dennoch den Unternehmen große Freiräume lassen.

Im Antrag der Unionsfraktion wird die Bundesregierung aufgefordert, die kostenlose Weitergabe von Lebensmitteln an die Tafeln, soziale Einrichtungen und Organisationen zu vereinfachen, indem spendende Unternehmen von Haftungsrisiken insbesondere nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch befreit werden.

"Alle Beteiligten in der Lieferkette sind deshalb aufgefordert, ihre jeweiligen Möglichkeiten zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen zu nutzen. Insbesondere eine bessere Kenntnis der Haltbarkeit von Lebensmitteln bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern sowie rechtliche Erleichterungen für Lebensmittelspenden", schreiben die Abgeordneten.