Gesetzentwurf gegen unseriöse Geschäftspraktiken ist unseriös

Rechtspraxis der Abmahnindustrie ist dem Bundesrat offenbar unbekannt

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Nachdem neulich der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin unbekannt war ([Link auf 6/154097 ]), was die am Freitag auch vom Bundesrat beschlossene Bestandsdatenauskunft sein könnte, gibt man sich dort erneut eine Blöße. So schlägt man in einer Empfehlung zum Entwurf eines Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken ("Anti-Abzock-Gesetz") eine Begrenzung der Streitwerte auf 500,- € bzw. 1.000,- € vor und rechnete die hieraus resultierenden Anwaltskosten aus, welche den Abgemahnten präsentiert werden – inklusive Umsatzsteuer. So sollen etwa gegenüber Filesharern Abmahnkosten in Höhe von 83,54 € und 155,30 € geltend gemacht werden.

Die Autoren übersahen jedoch offenbar die Kleinigkeit, dass die Abmahner in aller Regel Unternehmer sind, die in ihren Anwaltsrechnungen die Umsatzsteuer steuerlich absetzen können, sodass insoweit kein ersatzfähiger Vermögensschaden besteht. Daher können von Filesharern in praktisch allen Fällen nur die Netto-Kosten verlangt werden. Auch in anderer Hinsicht scheint der Entwurf nicht abschließend durchdacht zu sein.

Ebenfalls nicht mit Sachverstand glänzte dieser Tage die Bundestagsabgeordnete Gisela Piltz, bei der gewisse Zweifel bestehen, ob ihr der Unterschied zwischen Bestandsdatenauskunft und Vorratsdatenspeicherung bekannt ist und die Tragweite der Problematik zutreffend erfasst wurde. Die Abgeordnete sollte sich eigentlich mit solchen Themen auskennen, sitzt sie doch inzwischen für die FDP im parlamentarischen Kontrollgremium für die Geheimdienste. Aus Gründen der Geheimhaltung darf sie insoweit nur eingeschränkt auf tatsächlich Sachverständige zurückgreifen.