Gesundheitspolitik im Wandel: Harmonisierung oder Kontrollverlust?
Seite 2: Der Gesundheitsdatenraum: Kritik und Bedenken
- Gesundheitspolitik im Wandel: Harmonisierung oder Kontrollverlust?
- Der Gesundheitsdatenraum: Kritik und Bedenken
- Auf einer Seite lesen
Manch ein(e) Telepolis-Leser(in) erinnert sich in diesem Zusammenhang vielleicht noch an die "1+ Million Genomes Initiative", welcher der damalige Gesundheitsminister Spahn zum Bedenken einiger Kritiker bereitwillig beigetreten ist.
Die Initiative ist, wie auch der Gesundheitsdatenraum, Teil der digitalen Gesundheitsstrategie der Europäischen Union.
Der Europa-Abgeordnete der Piraten-Partei, Patrick Breyer, steht der EU-Digitalstrategie indes mehr als skeptisch gegenüber. Breyer warnt im Zusammenhang mit der elektronischen Patientenakte vor einem "Kontrollverlust der Patienten über ihre Gesundheitsdaten".
Der "EU-Deal", so Breyer, "verrät die Interessen und den Willen der Patienten, um ihre Daten an Big Tech und Pharmariesen zu verkaufen".
Fazit: Wer hilft hier wem?
Schlagen wir also den Bogen: Das Medizinforschungsgesetz und die Pharma-Strategie der Bundesregierung streben eine Harmonisierung nationalen Rechts mit dem zwischenstaatlichen beziehungsweise supranationalen Recht der EU an. Wir haben eingangs den vermeintlich gemeinnützigen Multilateralismus als Einfallstor für die Interessen des Großkapitals benannt.
Nun gibt es eine ganz schlichte Anekdote, die zumindest Missklänge in der beabsichtigten Harmonisierung offenbart. Jeder Telepolis-Leser dürfte sie kennen.
Die Rede ist vom berüchtigten Deal zwischen der mächtigsten EU-Politikerin Ursula von der Leyen (EVP) mit dem US-Biotechnologie-Riesen Pfizer, seines Zeichens sicherlich ein Paradebeispiel für die viel gepriesene Innovationskraft auf dem Gebiet der Gen- und Zelltherapien.
Wenn diese Anekdote, dieser Vorfall den Weg in die Zukunft weist, was folgt dann aus einer Harmonisierung des deutschen Gesundheitswesens mit der Agenda der Europäischen Union? Sind die künftigen Profiteure einer solchen Kooperation wirklich kranke Menschen?
Werden die Therapeutika Bedürftigen niedrigschwellig zugänglich gemacht? Oder dürfen wir nach der nie erfolgten Aufhebung des Patentschutzes das nächste leere Versprechen erwarten?
Und was die Standort-Frage betrifft: Profitiert Deutschland langfristig von der Goldgrube, an der das Unternehmen Biontech seinen Sitz hat oder fließt der Löwenanteil des Kapitals an ein Unternehmen, dass sich um nationale Grenzen wenig schert?