Gibt es einen sauberen Funktionär?
Nach dem angekündigten Rücktritt Sepp Blatters sucht die Fußballwelt einen Nachfolger
Am Dienstagabend gab Sepp Blatter, der erst am Wochenende wiedergewählte Präsident des Welt-Fußballverbandes FIFA, bekannt, dass er das Amt in einem halben Jahr abgeben werde. Vorher hatte der englische Fußballverband seinen Rücktritt gefordert und zum WM-Boykott aufgerufen. Ob das alleine für Blatters Schritt entscheidend war, oder ob es daran lag, dass die US-Behörden inzwischen auch gegen ihn selbst wegen Korruption ermitteln, wie einige Medien berichteten, ist unklar.
Klar ist dagegen, dass sich der Welt-Fußballverband gar nicht leicht damit tut, einen Nachfolger zu finden, der nicht knietief im Ruch der Korruption steht: Beim bestens mit der Politik vernetzten UEFA-Präsidenten Michel Platini fallen auch ohne Einsicht in Kontoauszüge einige Merkwürdigkeiten ins Auge, die Hinweise auf Korruption sein können (aber nicht müssen): So bekam beispielsweise dessen Sohn Laurent Platini wenige Monate nach der Abstimmung über die WM-Vergabe an den terrorfürderverdächtigen Wüstenstaat Katar einen ausgesprochen gut dotierten Posten bei der Staatsfondsfirma Qatar Sports Investment (QSI), die am 23. November 2010 mit viel Geld den Fußballverein Paris St. Germain übernahm.
Das kam angeblich nicht nur dem damaligen französischen Staatspräsidenten, sondern auch mehreren anderen Akteuren sehr zupass. Michel Platini, der an der Abstimmung über die WM-Vergabe 2022 teilnahm, soll es aber ganz unbeeindruckt gelassen haben: Er droht Medien mit Gerichtsklagen, wenn sie seine "Integrität bei dieser Abstimmung infrage stellen".
Gegen den Bayern-München-Vorstandschef Karl-Heinz-Rumenigge, der auf einer Reise in Katar zwei goldene Luxusuhren im Wert von etwa 100.000 Euro geschenkt bekam, erwirkte das Amtsgericht Landshut 2013 einen Strafbefehl. Auch hier ist bislang noch nicht klar, ob Gegenleistungen für diese Geschenke flossen und wie sie aussahen.
Fest steht dafür, dass wahrscheinlich einige der bei den WM-Bauarbeiten ums Leben gekommenen Fremdarbeiter noch leben könnten, wenn Katar weniger Geld in europäische Vereine, ausländische Manager oder goldene Geschenke gesteckt und dafür mehr in bessere und sicherere Arbeitsbedingungen investiert hätte. Alleine zwischen dem 4. Juni und dem 8. August 2013 sollen 44 Nepalesen ihr Leben für das Spektakel gelassen haben. Bis zum Abschluss der Bauarbeiten rechnet man trotz der Medienaufmerksamkeit, die die Lebensabschnittssklaven mit einkassierten Pässen mittlerweile in Europa erregten, mit Hunderten weiteren Toten. Der Luxusuhrempfänger mit dem Strafbefehl macht sich deshalb Sorgen, dass man die Kritik an Katar "übertreibt" und weist ganz offen auf geschäftliche Interessen hin, die auf dem Spiel stünden.
Übertrieben findet die Kritik an Katar auch der FC-Bayern-Ehrenpräsident Franz-Beckenbauer, der von 2007 bis 2011 im FIFA-Exekutivkomitee saß und aktuell die FIFA Task Force Football 2014 leitet. Als er auf die Arbeitsbedingungen der hinduischen Quasi-Sklaven beim Bau der WM-Stadien in Katar angesprochen wurde, da meinte Beckenbauer in einem geradezu erhabenen Moment von Selbstherrlichkeit, er habe bei seinen Reisen dorthin nie Menschen in Ketten oder mit "Büßerkappen" [sic] gesehen.
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