Gratulationswelle für Marc Jan Eumann
Der SPD-Politiker schnauzt eine Deutschlandfunk-Journalistin an - und lenkt damit weitere Medienaufmerksamkeit auf die Umstände seiner "Wahl"
Am Montag wählten 19 von 34 anwesenden und acht abwesenden Mitgliedern der Versammlung der Landeszentrale für Medien und Kommunikation in Rheinland-Pfalz (LMK) den SPD-Politiker Marc Jan Eumann zu ihrem neuen Chef. Der durch die Abwahl von SPD und Grünen in Nordrhein-Westfalen politisch unterversorgte Kandidat für die nicht ausgeschriebene Stelle hatte mit dem auf Medienrecht spezialisierten Rechtsanwalt Markus Kompa erst letzte Woche einen Mitbewerber bekommen (vgl. Bewerbung als Entfilzung).
Die LMK-Versammlung (die bei ihrer Debatte des "Findungsverfahrens" die Öffentlichkeit ausschloss), teilte dem an den Einstellungsvoraussetzungen für Nordrhein-Westfalen gemessen deutlich besser qualifizierten Kandidaten jedoch mit, er könne nicht zur Wahl zugelassen werden, weil er "halt zu spät dran gewesen" sei. Dass die Stelle nicht ausgeschrieben wurde, sei hierbei nicht maßgeblich. Das Rätsel, wie Eumann rechtzeitig von der nicht ausgeschriebenen Stelle erfuhr, erklärte der ehemalige Staatssekretär der Versammlung später damit, dass er "sich halt umgehört und dann bei der LMK beworben" habe.
"Lehrstunde über den Filz in unserem Land"
Der Lawblogger Udo Vetter meinte dazu: "Eine sogenannte Findungskommission, die für einen doch eher bequemen [aber ausgesprochen gut bezahlten] Job nur einen Kandidaten auftreibt - Was für eine Lehrstunde über den Filz in unserem Land". Eumann selbst verlautbarte dagegen, er sei überzeugt davon, dass ihn die Findungskommission wegen seiner Kompetenz aussuchte - "und weniger mit Blick auf [s]eine politische Positionierung".
Mario Thurnes fiel nach der Wahl des SPD-Politikers auf, dass die Landesregierung von Rheinland-Pfalz "die Personalie Marc Jan Eumann "irgendwie auffällig dezent feiert": "Keine Pressemitteilung der Staatskanzlei, keine Gratulation der Medien-Staatssekretärin oder der Regierungssprecherin". Dafür gibt es in Sozialen Medien umso mehr öffentliche Gratulationen, nachdem Eumann in einem Interview mit dem Deutschlandfunk die Journalistin Isabelle Klein auf kritische Fragen hin anschnauzte, sie müsse ihm erst einmal zu seiner Wahl gratulieren.
"Wenn zwei antreten, ist es eine Kampfabstimmung; wenn nur einer antritt, dann ist es eine Wahl"
Stefan Niggemeier verbreitete diese Reaktion Eumanns auf Twitter - und schob umgehend nach: "Oh, Verzeihung, ich hätte erst gratulieren müssen - Ich gratuliere also Marc Jan Eumann, dass er sich erfolgreich in dieses Amt geklüngelt hat, und der Landesmedienanstalt zu diesem neuen Chef, der Begriffen wie 'Staatsferne' und 'Demut' ganz neue Bedeutung gibt."
Das löste eine ganze Welle von sarkastischen Gratulationen aus. Niggemeiers Übermedien-Kollege Boris Rosenkranz meinte beispielsweise: "Oh, dann möchte ich auch noch kurz gratulieren: zum Parteibuch-Posten und zur Chuzpe, sich jetzt auch noch so aus dem Fenster zu lehnen."
Viele Gratulanten beziehen sich dabei auf die Antwort, die Eumann Klein auf ihre Frage hin gab, ob es denn mit nur einem Kandidaten "tatsächlich eine Wahl" war: "Also ich finde schon tatsächlich die Frage, ob es denn eine Wahl gewesen ist, vor dem Hintergrund, dass es eine Wahl gewesen ist, besonders merkwürdig, Frau Klein." Der Northern-Soul-Fan Marc Biskup meinte dazu: "Glückwunsch, Marc Jan Eumann - Keiner gewinnt Wahlen so wie Sie." Andere Nutzer erinnerten an den Kabarettisten Volker Pispers, der den Satz prägte: "Wenn zwei antreten, ist es eine Kampfabstimmung; wenn nur einer antritt, dann ist es eine Wahl."
Kein Einzelfall
Daniel Fiene sammelt solche Gratulationen inzwischen als WhatsApp-Sprachnachrichten und will sie am Donnerstag in seiner Sendung Was mit Medien auf Deutschlandfunk Nova abspielen. Dort lassen sich auch Gratulationen nachholen: Markus Kompa bedauerte beispielsweise am Dienstag auf Twitter: "Ich wollte ihm gestern gratulieren, aber aus irgendeinem Grund ignorierte er mich - Irgendwas mache ich falsch. :(". Gegen die Entscheidung klagen will er trotzdem nicht, weil er zum einen "als selbständiger Rechtsanwalt in Köln-Ehrenfeld gerade sehr glücklich" ist und zum anderen "jahrelang keinen Fernseher hatte und nie privaten Dudelfunkt hörte" - also auf Unannehmlichkeiten verzichtete, die ihm als Medienaufsichtschef womöglich nicht ganz erspart geblieben wären.
Medienkorrespondenz nach ist eine Berufung wie die in Rheinland-Pfalz kein Einzelfall in der deutschen Medienaufsicht. Weil solche Vorgänge mit Marc Jan Eumann aber einer größeren Öffentlichkeit bekannt wurden, nutzt das Fachportal inzwischen den Begriff "Eumannismus", um "seltsame" Wahlen von Direktoren für Landesmedienanstalten zu beschreiben. Als Beispiele dafür nennt Medienkorrespondenz Fälle aus Nordrhein-Westfalen, Berlin-Brandenburg und dem Saarland.