Grenzenloses Wachstum im All: Obsessionen reicher Männer
Seite 3: Lob auf Weltraumschrott von morgen
- Grenzenloses Wachstum im All: Obsessionen reicher Männer
- Nischenprodukte aus dem All
- Lob auf Weltraumschrott von morgen
- Kapitalistischer Expansionszwang
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"Satelliten gehören längst zu unserem Alltag", heißt es in dem Beitrag. "Was aber ist der nächste Sprung im Weltraum-Business?" In dieser Passage werden nur die vermeintlichen Vorteile der Vielzahl zusätzlicher Satelliten dargestellt, aber nicht die grundsätzliche Kritik an dieser Entwicklung. Zum Beispiel, dass der gute alte Sternenhimmel, wie wir ihn seit Menschengedenken kennen, mitsamt seiner kulturellen und religiös-mythologischen Bedeutung, dadurch zerstört wird. Aber auch, dass sich der Orbit mit Elektroschrott füllt, oder dass der Ressourcenverbrauch für die Produktion und Entsendung einer Myriade von Satelliten mit zum Teil zweifelhaftem Nutzen kaum vertretbar ist.
Es wird ebenfalls nicht kritisiert, dass hier zu einem großen Teil Märkte erschlossen werden sollen, die es vielleicht gar nicht gibt. Es ist schließlich nicht sicher, ob es sinnvoll ist, auch die letzte unbewohnte Ecke der Erde mit Hochgeschwindigkeits-Internet zu versorgen; oder ob der Ressourcenverbrauch dafür in einem vernünftigen Verhältnis zum Ertrag steht. Und Bauern können auch mit einer 100-Euro-Drohne mit einem Bruchteil des Ressourcenverbrauchs ihr Feld von oben betrachten und erkunden, um diese Daten dann von einem Laptop aus zu analysieren. Daneben gibt es für großflächige Landerkundung ja bereits viele leistungsfähige Satelliten von staatlichen Akteuren im Orbit.
Weltraumreisen für schlappe 55 Millionen Dollar
Der größte Schub werde vom Weltraumtourismus ausgehen, heißt es in dem Beitrag. Virgin Galactic von Richard Branson und Blue Origin von Jeff Bezos wollen schon bald Kurzflüge anbieten." Genannt werden für eine Weltumrundung Ticketpreise von 55 Millionen Dollar pro Person.
Reiseleiter und Kommandant der "Crew Dragon" ist Michael Eladio López-Alegría. Der war schon mehrfach für die Nasa im All und ist sicher, dass Ausflüge in den erdnahen Raum Routine werden: "Früher, in den 1920 und 1930ern konnten es sich nur sehr, sehr wohlhabende Menschen leisten, zu fliegen. Heute steigen Leute in ein Flugzeug, um zu einem Geburtstag zu fliegen. Das wird passieren im kommerziellen Raumflug."
(Bayern 2 / Breitengrad)
Die Behauptung, Weltraumtourismus habe eine großartige Zukunft, dürfte zum jetzigen Zeitpunkt sehr gewagt sein. Die Preise im zweistelligen Millionenbereich sprechen für sich. Auch die Behauptung, das werde alles billiger und beizeiten zur Normalität werden, ist so lange unrealistisch, wie keine grundsätzlich neuen Technologien hervorgebracht werden. Wenn beispielsweise Raketenstarts mit Fusionsenergie stattfinden könnten. Aber solche Technologien zu haben ist eine Wunschvorstellung, deren Realisierung wohl derart weit in der Zukunft liegt, dass man nicht viel Energie verschwenden sollte, sich vorzustellen, wie man "zu einem Geburtstag" ins All fliegen könnte.
Vollständige Ignoranz gegenüber ökologischen Aspekten
Selbst wenn ein Flug nicht 50 Millionen Euro, sondern sagen wir nur 50.000 Euro kosten würde (was noch weit, weit weg von den heute realistischen Kosten ist), wäre ein Massentourismus unmöglich. Auch hier erstaunt wieder einmal die vollständige Ignoranz gegenüber ökologischen Aspekten. Denn bisher ist Raketentechnologie vollständig oder fast vollständig fossil und damit nicht zukunftsfähig. Wenn ein großer Teil der Weltbevölkerung vorhätte, regelmäßig ins All zu fliegen, dann wären wir wohl nicht bei 1,5 Grad Erderwärmung bis zum Jahr 2100 (was auch schon unrealistisch sein dürfte), sondern deutlich darüber.
Real wäre zu erwarten, dass diese Form des Tourismus zur Zielscheibe für Klimaproteste wird - ein klares Risiko für Unternehmen.
Im Übrigen sind bei futuristischen Weltraumtouristik-Planern derzeit nur Flüge in relativ geringe Höhen angedacht: Bei Virgin Galactic etwa nur kurze Flüge in 100 Kilometern Höhe. Bei Reisezielen in größeren Höhenlagen - die Raumstation ISS befindet sich in rund 400 Kilometern Höhe -, stiege der Ressourcenverbrauch entsprechend an.