Griechenland: Merkel kommt zur Rettung
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Bislang hatte Kammenos seine Einstellung zum Prespes-Vertrag mehrmals verkündet, allerdings glaubte ihm niemand, dass er die Kraft hätte, sich von seinem geliebten Amt als Verteidigungsminister zu verabschieden. Kammenos hoffte zudem, dass der Vertrag, der Verfassungsänderungen in der Nachbarrepublik zur Bedingung hat, im Parlament von Skopje scheitert.
Hier hat er sich offenbar verrechnet. Denn bis zum Freitag hat die Regierung von Zoran Zaev voraussichtlich alle Bedingungen für den Vertrag erfüllt. Direkt im Anschluss kommt der Vertrag ins griechische Parlament. Dafür gibt es noch keinen genauen Zeitplan. Allerdings hat Tsipras deutlich gemacht, dass er bis Ende Januar das Thema vom Tisch haben möchte.
Damit steht Kammenos, der auch vor der militärischen Leitung der Streitkräfte beschwor, er würde die Regierung verlassen, bevor der Vertrag im Parlament zu Abstimmung käme, unter Zugzwang. Er twitterte, dass er keinesfalls zu seiner Exekution niederknien würde. Schon gar nicht dann, wenn diese durch das Zutun verächtlicher Personen verursacht werde. Kammenos zielte damit auf den früheren Außenminister Nikos Kotzias, den Unterhändler des Prespes-Vertrags ab. Er würde keine Abweichler seiner Fraktion akzeptieren. Der wuchtige und um kräftige Worte nicht verlegene Politiker wurde jedoch von Tsipras überrascht.
Kammenos Partei löst sich auf
Kammenos musste zum Jahreswechsel feststellen, dass sich Teile seiner Fraktion bereits mit Tsipras arrangiert haben. Von den sieben ihm verbliebenen Parlamentariern werden aller Voraussicht nach nur drei dem Parteichef folgen. Er steht vor den Scherben seines politischen Lebenswerks, der Partei der Unabhängigen Griechen. Bei den ersten Wahlen im Mai 2012 kam er mit 33 Abgeordneten ins Parlament. Im Juni 2012 errang er bei den vorgezogenen Neuwahlen noch 20 Mandate. Im Januar 2015 gewann er 13 Sitze. Nach den vorgezogenen Neuwahlen im September 2015 hatte er dann nur noch 10 Mandate.
Von diesen verließen ihn bereits Nikos Nikolopoulos aus Protest gegen den Sparkurs, Giorgos Lazaridis, der sich zunächst über eine Strafe gegen seinen Lieblingsfußballverein PAOK Thessaloniki und dann über den Prespes-Vertrag ärgerte, und schließlich Dimitrios Kammenos wegen des Kompromisses im Namensstreit. Anders erging es Alexis Tsipras. Auch bei SYRIZA gab es Parteiaustritte. Allerdings konnte Tsipras diese entweder mit dem Abwerben von Politikern anderer Parteien kompensieren oder aber die Abweichler zum Rücktritt vom Abgeordnetenamt bewegen.
Offenbar hat Tsipras' Partei die monatelange Zeit, in der Kammenos öffentlich seine Entschlossenheit zur Ablehnung des Prespes-Vertrags demonstrierte, genutzt, um entgegen der Vereinbarung mit dem Koalitionspartner bei dessen Parteimitgliedern Unterstützer zu rekrutieren.
Aktuell hat die Regierungskoalition 153 Stimmen im Parlament. Das sind die sieben Abgeordneten der Unabhängigen Griechen, die aus der Nea Dimokratia ausgetretene, unabhängige Vizeministerin für Bürgerschutz Katerina Papakosta und 145 mit der Wahlliste von SYRIZA gewählte Parlamentarier.
Ohne Kammenos fehlen Tsipras sechs Stimmen zur absoluten Mehrheit und fünf, um ein Misstrauensvotum abzuwenden. Er äußerte öffentlich, dass er auch ohne Kammenos 151 oder mehr auf seiner Seite habe.
Der Premier traf sich zum Jahreswechsel mit Thanassis Papachristopoulos von den Unabhängigen Griechen. Dieser erklärt nun öffentlich, dass er dem Prespes-Vertrag zustimmen und danach so lange Abgeordneter bleiben würde, bis das Überleben der Regierung gesichert sei. Zu Tsipras' Mehrheit zählt auch Kostas Zouraris, der mit der Wahlliste der Unabhängigen Griechen gewählt wurde. Er erklärte, dass er den Prespes-Vertrag zwar ablehnen, aber als früheres Gründungsmitglied der SYRIZA-Vorgängerpartei, den Eurokommunisten der KKE es, niemals zum Sturz einer linken Regierung beitragen würde. Positiv gegenüber der Regierung eingestellt ist Katerina Papakosta, die zwar von Kammenos für die Regierung angeworben wurde, aber nun nicht ausschließt, für den Prespes-Vertrag zu stimmen. Dazu kommt als Befürworter des Prespes-Vertrags Spyros Danellis, der für To Potami gewählt wurde, aber zwischenzeitlich unabhängig wurde.
Damit hätte Tsipras 150 Stimmen zusammen. Am Mittwoch zeigte sich, dass er offenbar noch auf zwei weitere zählen kann. Tourismusministerin Elena Kountoura hängt an ihrem Amt. Sie möchte es behalten, egal was ihre Partei, die Unabhängigen Griechen, dazu sagt. Sie erschien unter dem Vorwand, im Ausland zu sein, nicht zur von Panos Kammenos eilig einberufenen Fraktionssitzung. Dieser blieb auch Vasileios Kokkalis fern. Angeblich hatte der Politiker, dem eine Nähe zu den von SYRIZA vertretenen Positionen nachgesagt wird, eine Autopanne. Tatsächlich wurde er zur Zeit der Sitzung in einem Cafe im Stadtteil Kolonaki, nur wenige hundert Meter vom Parlament entfernt, gesehen. Weder Kountoura noch Kokkalis machten bislang Andeutungen, dass sie dem Prespes-Vertrag zustimmen würden. Sie haben sich aber auch nicht von der früheren Linie der Unabhängigen Griechen losgesagt, dass eine Stützung der Regierung auch mit einem Nein zum Vertrag möglich sei.
Von den Unabhängigen Griechen losgesagt hat sich bereits der nicht als Parlamentarier gewählte Staatssekretär im Außenministerium, Terence Spencer Quick. Seine ebenfalls außerparlamentarische Amtskollegin im Innenministerium Maria Chrysoveloni schließt sich ihm an. Sie meinte, es gäbe für sie keinen Grund, die Regierung zu verlassen, nur weil ihre Partei die Parlamentarier zurückziehen wolle.
Wie zum Trotz gegen jegliche Realität ließ Kammenos am Mittwoch einen neuen Spot der Unabhängigen Griechen veröffentlichen. Dieser zeigt neben einem neuen Parteilogo das neue Motto. Rote Linien sollen keinesfalls überschritten werden.
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