Griechenland und Ukraine: Keine Belohnung für Waffen an Kiew

S300 Luftabwehrraketen. Bild: Mil.ru / CC-BY-4.0

Nach anfänglichen Rüstungslieferungen wird Griechenland keine S300-Luftabwehrraketen in die Ukraine schicken

Der Krieg in der Ukraine, die Haltung der Regierung zu den von der Nato geplanten Waffenlieferungen und die wegen der Krise gestiegenen Preise beschäftigen die Regierung in Athen. Zunächst hatte Premier Kyriakos Mitsotakis Sturmgewehre und weitere Waffentechnik russischer Produktion in die Ukraine geschickt. Weitere Lieferungen waren im Gespräch. Nun kündigt sich ein Kurswechsel an.

Die russischen Rüstungsgüter wurden unter Premierminister Kostas Karamanlis, Mitte der Zweitausender gekauft. Noch früher, Ende der Neunzigerjahre, kaufte Griechenland unter Premierminister Costas Simitis russische S 300 Luftabwehrraketen. Es ist das gleiche Raketensystem, das die Slowakei an die Ukraine abgeben möchte. Die USA versuchen, auch die Türkei zu überreden, ihre S400-Systeme im Gegenzug für F-35 Jagdflieger in die Ukraine zu liefern.

"Griechenland hat humanitäre Hilfe und Waffen geschickt. Im Moment liegt nichts mehr auf dem Tisch", sagte Regierungssprecher Giannis Oikonomou unlängst. Es gebe "keine Möglichkeit, Systeme, die für die Verteidigung des Landes erforderlich sind, in die Ukraine zu schicken". Für Oikonomou sind die S300 für die Landesverteidigung unabdingbar.

Sehr überzeugend klingt das nicht, wenn man bedenkt, dass Griechenland vor wenigen Monaten ähnliche, aber modernere Systeme aus US-Produktion, Patriot-Abwehrraketen samt Bedienungspersonal, nach Saudi-Arabien schickte.

Zudem gab es nach der ersten Lieferung von Waffen in die Ukraine im griechischen Fernsehen Diskussionen, was denn mit der Wartung der S300 Systeme passieren würde, wenn Russland sich über die Waffenlieferungen an den Kriegsgegner ärgert.

Mitsotakis wurde dahingehend bei einem Fernsehinterview beim Sender Alpha TV vom Journalisten Antonis Sroiter explizit gefragt. Seine Antwort: Die russischen Waffensysteme und auch die S300 seien Produkte der "Planung vergangener Jahrzehnte und der Staat hat nicht vor, irgendein Verteidigungssystem Russlands zu kaufen. Wir werden die Realität nach besten Kräften meistern. Es sind aber keine Verteidigungssysteme, die für die nationale Verteidigung wichtig sind."

Mitsotakis hatte im gleichen Interview erklärt, dass die Waffenlieferungen und die griechische Politik hinsichtlich des Angriffskriegs Russlands in der Ukraine einzig und allein seine Entscheidung gewesen wären. Er sähe keinen Grund, sich diesbezüglich mit den übrigen Parlamentsparteien zu beraten.

Zwischen dem Interview und der Stellungnahme von Oikonomou lagen zwei Wochen, aber auch zahlreiche Umfragen und Ereignisse. Am 4. März fanden rund 63 Prozent der Befragten, dass die Ende Februar getätigten Waffenlieferungen in die Ukraine für Griechenland gefährlich seien.

Eine andere Umfrage belegte, dass knapp 34 Prozent der Befragten Verständnis für die vom russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin vorgeschobenen Gründe der Invasion zeigten, die Invasion selbst aber aufs Schärfste verurteilen.

Zudem hatte sich Mitsotakis, wie er im Interview mehrfach betonte, erhofft, dass Griechenland für seine Nato-Bündnistreue im Gegensatz zur in dieser Hinsicht eher zögerlichen Türkei belohnt werden würde.

Es kam anders: Die türkische Diplomatie wurde aufgewertet, wegen der Energiekrise drängen die USA Griechenland hinsichtlich der Erdgasvorkommen in der Ägäis zu Eingeständen gegenüber der Türkei.

Zudem gab es am 6. März eine als Drohung aufgefasste scharfe Kritik an der griechischen Haltung gegenüber dem Krieg in der Ukraine aus dem Mund der Sprecherin des russischen Außenministeriums Marija Sacharowa.

Billiges griechisches Benzin – auf Zypern

Die harsche Antwort aus Moskau, gepaart mit der ausbleibenden Belohnung von Seiten der Nato-Partner, setzten Mitsotakis innenpolitisch unter Druck. Dem konservativen Premier sind zudem hinsichtlich der Entlastung der Verbraucher die Hände gebunden. Er muss den Sparzwängen der EU Genüge leisten. Dabei ist es schwer vermittelbar, warum etwa Kraftstoffe, die Zypern aus Griechenland importiert, dort fast einen Euro pro Liter preiswerter sind.

Screenshot zu aktuellen Spritpreisen auf Zypern

Mehr als "Krümel", wie die Opposition die Maßnahmen von Mitsotakis bezeichnete, konnte der Premier zur Entlastung der Bürger nicht aufbringen. Besitzer von Autos mit einem Familieneinkommen von bis zu 30.000 Euro pro Jahr sollen Zuschüsse für bis zu 180 Liter Benzin oder Diesel erhalten. Es wird sich, so ermittelte die Opposition, um rund zwölf Euro pro Monat handeln.

Keine Diskussion mehr über Neuwahlen

Bis zur russischen Invasion in der Ukraine wurden in Griechenland für 2022 vorgezogene Neuwahlen erwartet. Fällig sind sie erst im Sommer 2023. Allerdings schien der Zeitpunkt 2022 passender, weil die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie noch nicht im vollen Maß spürbar waren. Auf Neuwahlen angesprochen, antwortete der stellvertretende Innenminister Stelios Petsas im staatlichen Fernsehen ERT:

"Nein, ich sehe keine Wahlen. Erstens, weil der Premierminister immer kategorisch betont, dass die Wahlen im Jahr 2023 stattfinden werden. Zweitens ist es für den Bürger in einer Zeit der Unruhe, wenn es schwierig ist, den Monat finanziell zu überstehen, logisch, die Regierung unabhängig davon bestrafen zu wollen, ob sie in anderen Bereichen außergewöhnlich gut abgeschnitten hat."