Griechenlands Kampf gegen Corona

Seite 2: Staatlicher Gesundheitsdienst wird aufgerüstet

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Im Hintergrund laufen Bestrebungen an, das durch zehn Jahre Austeritätsmaßnahmen erheblich geschwächte staatliche Gesundheitssystem aufzurüsten. Die Taktik der ersten Wochen, die Beratung der Bürger allein über die Telefonzentrale des staatlichen Gesundheitsdienstes EODY erwies sich als problematisch.

Denn in den Telefonzentralen befindet sich kein medizinisches Personal, sondern in der Regel eilig angelernte, mit Hilfe eines Algorithmus beratende Telefonistinnen und Telefonisten. Call-Center-Dienstleister suchen nach Personal, um die entsprechenden Telefonzentralen zu besetzen. Dass dies hauptsächlich medizinische Laien sind, liegt auf der Hand.

Diese scheiterten offenbar an Einzelfällen, die von den strengen Regeln des Algorithmus abwichen. Als nachteilhaft erwies sich zudem, dass die Kürzungen im Gesundheitssystem die Versorgung der Bevölkerung mit Hausärzten erheblich eingeschränkt haben.

Allerdings verfügt Griechenland über gut ausgebildete, arbeitslose oder privat tätige Ärzte. Diese werden nun mit einer auf die Krise zugeschnittenen Honorarregelung in den staatlichen Gesundheitsdienst eingebunden. Die Kosten für die ärztliche Behandlung von Covid19-Patienten trägt der Staat. Die Griechen müssen daher nicht, wie bislang oft üblich, ihre Behandlung aus eigener Tasche bezahlen.

Das größte Fährschiff unter Quarantäne

Die von der Reederei ANEK betriebene Eleftherios Venizelos gilt als das größte Fährschiff Griechenlands. Das Schiff ist zwar groß, hat aber nicht die Höchstgeschwindigkeit konkurrierender Schiffe. Ergo wird es von der ANEK überwiegend für spezielle Einsätze vermietet. Einer dieser Einsätze war der Transport von Flüchtlingen von den Inseln aufs Festland im Jahr 2015. Aktuell sollte es als Hotelschiff für eine türkische Reederei dienen.

Auf der Eleftherios Venizelos sollten Techniker und Arbeiter wohnen, die in Spanien ein Kreuzfahrschiff renovieren sollten. Insgesamt befinden sich 383 Techniker und Arbeiter aus 13 Herkunftsstaaten auf dem Schiff. Gemäß den Angaben der griechischen Regierung kam das Schiff am 7. März von der Türkei kommend in Spanien an.

Dort wurde ein Anlegen wegen der Corona-Pandemie nicht gestattet und die Odyssee der Eleftherios Venizelos begann. Die Türkei gestattete keine Rückkehr, schließlich ankerte die Eleftherios Venizelos seit dem 21. März in den Gewässern des Hafens von Piräus.

Dort sollte eine Quarantäne von 14 Tagen abgewartet werden. Nachdem die ersten beiden Covid19-Verdachtsfälle bekannt wurden, mussten ein zweiundsiebzigjähriger Schweizer Seemann und sein vierunddreißigjähriger Kollege mit ernsten Krankheitssymptomen aufs Festland geholt werden.

Die übrigen Besatzungsmitglieder wurden schließlich Anfang April getestet. Es stellte sich heraus, dass weitere 119 Personen infiziert waren. Dies gab den Ausschlag dafür, das Schiff im Hafen anlegen zu lassen. Die El. Venizelos liegt nun im abgesperrten Bereich des Piers E2 für Kreuzfahrtschiffe. Die hinsichtlich des Infektionstests negativen Besatzungsmitglieder wurden aufs Festland in Hotels gebracht. Dort stehen sie weitere vierzehn Tage unter Quarantäne. Wenn diese vorbei ist, sollen sie in ihre Heimatländer ausreisen. Diesbezügliche Verhandlungen des Außenministeriums sind bereits im Gang.

Die positiv getesteten Seeleute müssen in ihren Kabinen auf dem Schiff in Isolation verbleiben. Ein Teil der Mannschaft des Schiffes verbleibt ebenfalls, um die Versorgung des Schiffes zu gewährleisten. Es wurde zudem bekannt, dass nach dem Auftreten der ersten Infektionen keinerlei Desinfektionsmaßnahmen stattgefunden hatten.

Eine ähnliche Odyssee wie die Seeleute auf der El. Venizelos erleben 70-80 weitere Seefahrer, die in den Gewässern vor Attika mit ihren 30 Booten ankern. Die Boote, in der Mehrzahl Yachten, starteten Anfang März in Frankreich. Sie wurden für die, nun ausgefallene, Tourismussaison überführt. Die Seeleute erfuhren während ihrer Reise, dass ein Land nach dem anderen wegen der Pandemie die Grenzen geschlossen hatte.

In Griechenland angekommen, wollten sie nur noch an Land. Das ist aber wegen des Anlegeverbots momentan nicht möglich. Ein Skipper, der dies missachtete und in der Marina von Alimos anlegte, wurde mit der üblichen Geldstrafe von 5000 Euro belegt. Die Übrigen, denen Vorräte langsam aber sicher zu Neige gehen, hoffen auf ein Einsehen der Regierung. Sie sind sich darüber bewusst, dass sie nach ihrem Anlegen zunächst einmal vierzehn Tage in Quarantäne müssen.

Infektionen im Lager Ritsona

Direkt nach dem Bekanntwerden der Infektion der jungen Mutter aus dem Lager Ritsona, wurden dort Test durchgeführt. Das positive Testergebnis von zwanzig Insassen, die fast alle asymptomatisch waren, führte zur sofortigen Abriegelung des Lagers.

Nicht allen im Lager war der Ernst der Lage bekannt. Viele versuchten trotz der Abriegelung noch heraus zu kommen. Zehn von ihnen gelang es kurz aus dem Lager zu flüchten. Sie wurden allerdings schnell von der Polizei gestellt. Einige verweigerten sogar zunächst den Test. Das Lager Ritsona mit seinen rund 2500 Insassen ist anders als die Lager auf den Inseln nicht überbelegt. Die hygienischen Bedingungen sind bei weitem besser.

Die Covid-19-Krise hat hinsichtlich der Flüchtlings- und Immigrationspolitik zu einigen Änderungen geführt. Immigrationsminister Notis Mitarakis setzte die Auszahlung der vom UNHCR an Asylbewerber gezahlten Hilfsgelder bis auf weiteres aus. Sie sollen erst dann wieder gezahlt werden, wenn die Banken in den Lagern Geldautomaten aufstellen.

Auf der anderen Seite verkündete das Ministerium über Facebook, dass sämtliche im Land befindlichen Asylbewerber nun wieder Zugang zum staatlichen Gesundheitssystem bekommen. Die Abschaffung dieses Zugangs gehörte zu den ersten Gesetzen, welche die Regierung von Kyriakos Mitsotakis erließ. Darüber hinaus ist im Gespräch, dass die ab dem 1. März geltende Aussetzung des Asylrechts wahrscheinlich wieder zurückgenommen wird.