Griechischer Außenminister vergleicht Ostukraine mit Nordzypern
Nikos Kotzias will keine "Sanktionen aus Wut" mittragen
Der griechische Außenminister Nikos Kotzias hat bei einem Treffen mit EU-Amtskollegen im lettischen Riga angekündigt, seine Regierung werde zukünftig nur noch "vernünftige" Sanktionen mittragen, die "die andere Seite an den Verhandlungstisch bringen" - aber keine "Sanktionen aus Wut heraus".
Damit spielte er auf die im Sommer anstehende Verlängerung der Handelsstrafen gegen Russland an, die von den 28 EU-Ländern einstimmig verabschiedet werden muss, weshalb Griechenland, das wirtschaftlich schwer unter den russischen Gegensanktionen für landwirtschaftliche Produkte leidet, faktisch ein Vetorecht hat. Allerdings ist gut möglich, dass die griechische Koalition diese Vetomöglichkeit vor allem als Druckmittel sieht, mit dem im Staatsschulden- und Reformstreit Zugeständnisse aus Brüssel und Berlin erreicht werden können.
Bereits kurz nach ihrem Amtsantritt Ende Januar hatte die neue griechische Regierung kurzzeitig ein Kommuniqué blockiert, in dem Russland "die fortdauernde und wachsende Unterstützung" der ostukrainischen Volksrepubliken vorgeworfen und die Verantwortung für einen Raketen- oder Geschosseinschlag in ein Wohnviertel in Mariupol unterstellt wurde. Dass sie wenige Tage darauf einer Verlängerung und Ausweitung der Russlandsanktionen zustimmte, sahen viele Beobachter als Beleg für diese Druckmittelthese.
Außerdem sagte der griechische Außenminister den Journalisten in Riga, er wundere sich angesichts der ständigen Treffen zur Ukrainepolitik, ob es in Europa "keine anderen Probleme" gebe. Er "kenne keine prorussischen Separatisten, die Anschläge in Westeuropa gemacht haben". Das, so der Syriza-Politiker, "waren Dschihadisten aus Paris, aus Belgien".
Mit ihren Sanktionen gegen Russland pflegt die EU seiner Ansicht nach eine "Doppelmoral" - denn gegen die Türkei würden nicht immer neue Strafen verhängt, obwohl die Besetzung Nordzyperns seit über 40 Jahren anhalte.
Dort marschierten türkische Truppen am 20. Juli 1974 ein, nachdem sich fünf Tage vorher eine Militärjunta an die Macht geputscht hatte. Als offizielle Begründung dafür nannte die türkische Regierung damals die Befürchtung, dass die Junta einen Anschluss der Insel an Griechenland betreiben könne, was den Zyprern im Londoner Abkommen von 1958 verboten worden war. Außerdem erinnerte man an das Weihnachtsmassaker vom 21. Dezember 1963, bei dem eine hohe dreistellige Zahl türkischer Zyprer gewaltsam ums Leben kam.
Obwohl der damalige türkische Bevölkerungsanteil deutlich unter 20 Prozent lag und obwohl die Militärjunta bereits kurz nach Beginn der Invasion stürzte, besetzte das türkische Militär im Rahmen dieser "Operation Attila" bis zum 14. August 1974 37 Prozent der Insel - darunter auch die damals wirtschaftlich stärksten Gebiete, aus denen viele der griechischen Zyprer flüchteten. Anschließend lockte man zahlreiche Siedler vom türkischen Festland in den neu ausgerufenen "Türkischen Bundesstaat Zypern", auf dessen Territorium immer noch 30.000 Mann der türkischen Armee stationiert sind - bei insgesamt unter 300.000 Einwohnern.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.