Grönland und die Interessen der Anderen

Seite 2: Grönlands Bodenschätze

Neben dem militärischen Interesse am Standort Grönland werden auch immer die reichhaltigen Bodenschätze genannt, über die das Land verfügt. Der Abbau ist aber nicht so einfach zu bewerkstelligen. Es fehlt an fachkundigem Personal und an Infrastruktur. Außerdem gibt es Bedenken aufgrund der Umweltbelastungen, mit denen man beim Bergbau rechnen muss.

Die Vorbereitungen für das Projekt in Kuannersuit nahe Narsaq in Südgrönland ziehen sich schon seit mehr als zehn Jahren hin. Eigentlich findet gerade das Genehmigungsverfahren mit öffentlichen Anhörungen statt. An diesem Projekt ist jedoch die aktuelle Regierung zerbrochen, und es spaltet auch die Bürger.

Die einen sehen darin die Chance auf Einkommensmöglichkeiten, die dem Land zu wirtschaftlicher Unabhängigkeit verhelfen könnten. Die anderen befürchten eine Verseuchung der Umwelt, in der sie bisher jagen, Fische fangen und Schafe züchten. Sie haben Sorge, dass giftiger Staub über ihr Land wehen wird, und dass der geplante Damm den giftigen Abfall nicht hält.

Ein anderes Projekt zum Abbau seltener Erden, die australische Firma Tanbreez bei Killavaat Alannguat, hat bereits grünes Licht bekommen, dort fehlen aber noch Investoren. Dort soll sich kein Uran im Boden befinden. Der französischen Firma Orano AS, einem Nachfolgeprojekt von Areva, wurden Testbohrungen nach Uran an Stellen erlaubt, die weiter entfernt von Siedlungen sind.

Der Anspruch auf eine Abbaugenehmigung entsteht dadurch nicht. Eine Goldmine ist in Vorbereitung und ein Rubinabbau in kleinem Umfang genehmigt. Es gab auch mal Interessenten, die nach Öl vor der grönländischen Küste bohren wollten. Von diesen ist keiner dabeigeblieben.

Grönlands Bürger

Die Grönländer haben andere Sorgen und sind von den Großmachtsinteressen um sie herum wenig berührt. Das zeigte die erste umfassende Befragung zum Thema, die gerade die Universität Grönland (Ilisimatusarfik) durchgeführt hat. Arbeitslosigkeit, hohe Lebenshaltungskosten und die ökonomische Situation insgesamt sind für sie die größten Probleme.

Auf Platz vier kommt der Klimawandel. Nur wenige fürchten eine militärische Bedrohung. Bei einer Nachfrage antworteten 35,4 Prozent, die Bedrohung sei gering oder sehr gering, weitere 35,1 Prozent fanden sie "normal", nur 24,1 Prozent empfanden sie als hoch oder sehr hoch.

Was die Forscher bei der Auswertung überraschte, war die vergleichsweise positive Einstellung zu China, auch wenn die Antworten dazu nicht immer so eindeutig sind: Man wünscht sich gute wirtschaftliche Beziehungen zu China, aber vielleicht doch nicht so viel chinesischen Engagement. Aber 81,6 Prozent der Befragten sind nicht einverstanden mit der US-Haltung gegenüber China.

Was könnte sich durch die Wahlen ändern? Die alte Regierungskoalition ist an der Frage zum Bergbau in Kuannersuit zerbrochen. Sie scheiterte allerdings konkret daran, dass die größte Fraktion, die sozialdemokratische Siumut, einen neuen Vorsitzenden gewählt hatte und sich selbst in der Kuannersuit-Frage nicht einig war.

Siumut ist nun aber mit einem Ja zur Mine in den Wahlkampf gezogen, sofern alle Vorgaben erfüllt werden. Der größte Konkurrent, die linke Inuit Ataqatigiit (IA) hat sich ganz klar dagegen positioniert. Umfragen legen nahe, dass sie damit zulegen könnte und der nächste grönländische Premier möglicherweise von IA gestellt wird. Die kleinen Parteien sind geteilt. Zwei sind dafür, weil die Mine finanzielle Mittel verspricht, zwei sind dagegen, weil ihnen das Projekt zu unsicher scheint, und eine möchte die Südgrönländer darüber abstimmen lassen, denn diese müssten schließlich mit der Mine leben.

Die Wahl in Grönland an diesem 6. April ist vor allem eine Abstimmung über Kuannersuit. Im Hintergrund steht aber eine Auseinandersetzung mit dem kolonialen Erbe im "Hans-Egede-Jahr" (vor 300 Jahren kam der einflussreiche Missionar nach Grönland) und insgesamt dem Streben nach besseren Lebensverhältnissen. Corona ist der Insel aufgrund massiver Einreisebeschränkungen größtenteils ferngeblieben. Das hat aber auch den aufstrebenden Tourismus gestoppt.

Mögliche Auswirkungen der Wahlen

In Kopenhagen wird man nicht so traurig sein, wenn die Mine in Kuannersuit nicht genehmigt wird, denn damit wäre sowohl die umstrittene chinesische Beteiligung vom Tisch als auch der Abbau des Urans, der in Dänemark gar nicht erlaubt ist. Grönland hat sich allerdings das Recht erstritten, über seine Bodenschätze selbst zu verfügen.

Die Mine würde außerdem den CO2-Ausstoss enorm erhöhen. Dänemark wird aber daran interessiert sein, wie stark die Parteien werden, für die die Unabhängigkeit ein besonders dringliches Thema ist - Naleraq und Nunatta Qitornai. Die dänischen Sozialdemokraten harmonieren außerdem besser mit der grönländischen Schwesterpartei (Siumut), als es voraussichtlich mit IA der Fall wäre.

Für die USA steht bei der Wahl zunächst nichts auf dem Spiel, denn die Nato-Mitgliedschaft wird von keiner der Parteien infrage gestellt. Alle erwarten allerdings, dass auch Grönland davon profitiert. Mit der Vereinbarung zum Servicevertrag ist ein erster Schritt getan. IA könnte allerdings kritischer gegenüber weiterer Aufrüstung sein und pocht häufiger darauf, die Arktis müsse ein Gebiet mit niedrigen Spannungen bleiben.

Eine andere für die USA interessante Frage ist die Unabhängigkeit: Ein von Dänemark unabhängiges Grönland könnte es für sie sogar leichter machen. Ob das für die Grönländer auch besser ist, steht auf einem anderen Blatt. Russland und China werden abwarten, wie sich die Konstellationen verschieben und welche Vorteile sich daraus ergeben könnten.

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