Größte Munitionslieferung der USA nach Europa: "Es geht um Abschreckung"
Die US-Streitkräfte bauen ihre Präsenz in Europa aus, Deutschland ist Zentrale und Drehscheibe
Während in den USA der Wahlkampf alles überdeckte und ansonsten die Kriege und Konflikte in Syrien und im Irak für Nachrichten sorgten, da hier alle Parteien versuchen, vor dem Amtsantritt des neuen US-Präsidenten Fakten zu schaffen, ist auch die Bühne der Aufrüstung des US-Militärs in Europa wenig beachtet worden. Vielen dürfte gar nicht klar sein, dass nicht nur eine Aufrüstung an den Ostgrenzen stattfindet, sondern die USA ihre Präsenz in Deutschland wieder kräftig ausbaut, wo sich sowieso die Hauptquartiere der US-Streitkräfte für Europa (EUCOM), aber auch für Afrika (AFRICOM) befinden.
Telepolis hatte gerade darüber berichtet, dass das Pentagon schnell noch eine zusätzliche Kampfbrigade mit 4500 Männern und Frauen nach Europa schickt, die nicht einmal unter Nato-Kommando steht, sondern nur unter dem des US-Verteidigungsministeriums. Sie soll den osteuropäischen und baltischen Ländern demonstrieren, dass die USA die Schutzmacht gegenüber der "russischen Aggression" ist, zusätzlich zur Nato, wo die USA auch eine der auf dem letzten Nato-Gipfel vereinbarten Einheiten der Enhanced Forward Presence (eFP) in Polen stellt. Damit werden die USA, die nach Kalten Krieg Truppen abgezogen haben, nächstes Jahr insgesamt 60.000 US-Soldaten in Europa stationiert haben. Verkauft als Schutzmacht könnte man dabei auch auf andere Gedanken kommen (Pentagon stockt Truppen in Europa auf).
Ende Oktober wurde die größte Munitionslieferung seit Ende des Kalten Kriegs von den USA nach Europa geliefert – das stellt die US Army selbst in einer Mitteilung deutlich heraus. Die Rückkehr in die Rüstungsspirale des Kalten Kriegs soll unüberhörbar vernommen werden. Drehscheibe ist mal wieder Deutschland. Am 29. Oktober waren über 620 Container in den Hafen Nordenham bei Bremerhaven gebracht worden. Von dort aus wurden die Container mit der Munition für die Air Force und die Army mit dem Zug nach Miesau (Rheinland-Pfalz) transportiert. Hier befindet sich das zwischen Kaiserslautern und Saarbrücken gelegene Miesau Army Depot, das nicht nur größte Munitionslager In Deutschland, sondern auch außerhalb der USA ist.
Während Ramstein bekanntlich eine zentrale Rolle für den Einsatz der Kampfdrohnen bei "gezielten Tötungen" spielt, ist das Miesau Army Depot wichtig zur Versorgung der US-Truppen in Afghanistan, im Irak und anderswo mit Munition. Gewissermaßen nebenan lagern mindestens 20 US-Atombomben des Typs B61-12 im Fliegerhorst Büchel, die modernisiert werden sollen. Die Bundesregierung bleibt dabei, dass die US-Atomwaffen in Deutschland nicht nur lagern können, sondern dass die Bundeswehr im Rahmen der Nuklearen Teilhabe mit Tornados und deutschen Piloten im Kriegsfall die Atombomben einsetzen und damit an einem möglichen nuklearen Krieg direkt mitwirkt (80 Mal Hiroshima in der Eifel).
Die Munitionslieferung war schon die zweite in diesem Jahr, berichtet Stars and Stripes. Im Februar waren es schon mal 415 Container mit einem Gewicht von 5000 Tonnen. Generalleutnant Ben Hodges, der Kommandeur der US Army Europe, versichert wie üblich: "Es geht dabei um Abschreckung. Wir könnten tausend Panzer hier haben, aber wenn wir keine Munition für sie haben, gäbe es keinen Abschreckungseffekt. Es ist ein weiteres Beispiel für die Verpflichtung der USA für die Sicherheit und Stabilität in Europa." Und Oberstleutnant Brad Culligan macht klar, dass diese Waffenlieferung zwar wegen der Größe bedeutsam sei, aber nur zeige, dass die US-Streitkräfte ihre Präsenz in Europa weiter ausbauen. Die Army schreibt, dass durch die Vermehrung der verfügbaren Munition nicht nur die europäischen Alliierten mehr Vertrauen haben sollen, sondern dass dadurch auch die Einsatzbereitschaft der US-Streitkräfte in Europa verbessert werde.
Hodges macht auch klar, dass die deutsche Regierung bei der Aufrüstung aktiv mitwirkt. Dass die gewaltige Menge an Munition mit dem Zug nach Miesau transportiert werden konnte, sei nur möglich, "weil unser Verbündeter Deutschland dies erlaubt". So würde Deutschland auch zur Abschreckung beitragen, lobt Hodges. Davor hatte er sich mit der Leitung der Deutschen Bahn getroffen, mit Rüdiger Grube (DB) und Jürgen Wilder (Deutsche Bahn Cargo). Offenbar ging es nicht nur um den Transport nach Miesau. Man habe auch über die Wichtigkeit gesprochen, die Geschwindigkeit der Bahn zu erhöhen, um "Brigaden mit schweren Waffen in Zeiten der Krise in den Osten zu bringen". 2017 gebe es einen erhöhten Bedarf.