Großoffensive gegen IS in Tikrit gerät ins Stocken

Irakisches Verteidigungsministerium bittet um Luftunterstützung

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Tikrit ist keine kleine Stadt, Wikipedia gibt die Einwohnerzahl mit 260.000 an, mit Stand von 2002. Wie viele Zivilisten sich jetzt dort aufhalten, darüber gibt es keine verlässlichen Angaben. Die irakische Regierung hatte vor der Großoffensive Einwohner dazu aufgefordert, ihre Wohnungen zu verlassen. In der Berichterstattung zur Rückeroberung der Stadt aus der Gewalt der IS-Milizen warnten viele davor, dass die Stadt mit sunnitischer Bevölkerungsmehrheit vollkommen zerstört werden könnte, was die konfessionellen Spannungen, die auch von religiösen Institutionen angefacht werden, zur Eskalation treiben könnten.

Jetzt wurde die Offensive gegen den IS nach schnellen ersten Erfolgen gebremst. Als Grund wird seitens der irakischen Regierung angegeben, dass dies zum Schutz der Einwohner und der Stadt geschehe.

Wir wollen den Bewohnern von Tikrit, die Gelegenheit geben, ihre Stadtviertel zu verlassen und ihr Leben zu retten. Außerdem versuchen wir, so gut wie möglich die Infrastruktur der Stadt zu erhalten. Wir wollen nicht, dass sie zerstört wird. Wir wollen auch Verluste unserer Truppen vermeiden.

Mohammed Salem al-Ghabban, irakischer Innenminister

Hieß es vergangene Woche noch, dass der Kampfverbund, den die Regierung zusammengestellt hatte, mit einem übermächtigen Anteil von schiitischen Milizen, die in enger Verbindung mit Iran und auch iranischen Kommandeuren stehen, bereits zu 100 Prozent die Kontrolle über Tikrit erlangt habe (Irak: "Erst Tikrit, dann Mosul und Falludscha"), so wurde dies später relativiert. Manche propehzeiten den Sieg binnen einer Woche, von anderer Stelle wurde der Dienstag dieser Woche als Tag der 100-prozentigen Rückeroberung vorhergesagt.

Anscheinend ist auch das nicht mehr sicher. IS-Kämpfer haben sich gut verschanzt in der Stadt, das Vorwärtskommen der Rückeroberer wird durch geschickt plazierte Sprengsätze aufgehalten, es drohen verlustreiche und zermürbende Kämpfe in der Stadt (Überblickskarte hier).

Bemerkenswert ist, dass angesichts der neuen Lage die Unterstützung USA wieder ins Spiel gebracht wird. So berichtet Reuters, dass der stellvertretende irakische Verteidigungsminister Ibrahim al-Lami Luftunterstützung angefordert habe, "von jeder Seite, die mit uns gegen den IS kämpft". Ob er damit iranische oder amerikanische Luftunterstützung meint, ließ al-Lami offen.

Die schiitischen Milizen hatten die ersten Erfolge gut bebildert im Netz gefeiert. Damit verbunden war auch der Ehrgeiz und Anspruch, den IS ohne Hilfe der USA zu besiegen, ein Anspruch, den auch die irakische Regierung verkündete, iranische Nachrichtenagenturen stellten sich dem nicht entgegen.

In sozialen Netzwerken legen Middle-East-Beobachter viel Wert darauf, Fotos und Meldungen zu verbreiten, die versöhnliche Botschaften zwischen Sunniten und Schiiten kommunizierten. Eine Annäherung zwischen sunnitischen Stämmen und der schiitischen Mobilisierung (al-Hashd al-Shaabi), die berichtet wird, könnte eine Unterstützung der USA möglicherweise erleichtern.