Grünes Erziehungsregime
Seite 2: Dünn und dumm, aber gesund?
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- Dünn und dumm, aber gesund?
- Glaube an die eine reine universale Ernährungswahrheit
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Gesellschaftlichem Ernährungs- und Gesundheitsdruck können Bürger immer schlechter ausweichen: Dem Gesundheits- und Verzichtswahn unterworfen wird heute jeder Medienknecht, denn in Zeitung wie Fernsehen bekommt er das erwünschte Leitbild täglich vorgehalten: Schlank, fit und diszipliniert, dass es kracht, dabei debil grinsend und aalglatt.
Harte Muskeln für die Jungen, straffe Haut und diätgestählter Bauch für die Midlife-Crisis, starke Blase und Anti-Aging für die Alten – ein utopischer Gesundheitsbegriff wabert seit Jahren durch die Öffentlichkeit der Wohlfahrtsstaaten des Westens.
Dahinter stecken weltfremde und geschichtslose Leitbilder, Idealtypen, die von Statistikern entworfen wurden und ein Schlankheits- und Gesundheitsdruck, der Krankheit und Fettpolster zum Zeichen moralischen Versagens macht, in bester pädagogisch-missionarischer deutscher "Volksgesundheit"-Manier umgesetzt mit moralischem Zeigefinger, schlechtem Gewissen und dem (Verbots-)Rohrstock kaum verborgen hinter dem Rücken.
Lust am Verbieten statt Kampagnen für Sport und Gesundheit
Dabei muss man gar nicht leugnen, dass übermäßig viel Süßes Schaden anrichtet, dass viele deutsche Kinder – allerdings nicht nur die – zu dick sind.
Warum aber reagiert das grüne Ministerium nicht anders, zum Beispiel mit einer direkt an Kinder gerichteten Werbung für sogenannte "gesunde Dinge", für Gemüse? Oder mit einer Kampagne für Sport?
Warum gibt es keine Ernährungscoaches an Schulen und keinen Unterricht in Medienkompetenz für Kinder und Eltern?
Es gibt auch Untersuchungen, nach denen man das Ernährungsverhalten von Kindern durch eine besondere Gestaltung der Verpackungen und durch lustige Namen für gesunde Lebensmittel verbessern kann.
Stattdessen tobt sich wieder einmal die Lust am Verbieten aus – und das in einem Land, in dem die Regierung noch nicht mal in der Lage ist, eine klare Kennzeichnungsregelung, etwa eine Ernährungsampel an allen Produkten einzuführen. Vielleicht sollte sich Özdemir besser darauf konzentrieren. Woran auch gar nicht gedacht wird, ist eine höhere Besteuerung sogenannter "ungesunder Nahrung".
Das wäre im Vergleich zu einem Werbeverbot ein niederschwelliger Eingriff, der die Verbraucherfreiheit in keiner Weise reduziert. Eine gefährliche Argumentation ist auch die Rechtfertigung des Werbeverbots mit den gesellschaftlichen Kosten ungesunder Ernährung, die von der Allgemeinheit getragen werden.
Mit diesem Argument dürfte man nicht bei der Werbung stehen bleiben, und könnte als Nächstes auch Extremsportarten und Alkohol verbieten.
Und Werbung für Autos sowieso. Denn der Autoverkehr kostet allein schon durch Unfälle mehrere tausend Menschenleben pro Jahr, die Folgeschäden durch Umweltverschmutzung und Autoproduktion und so weiter nicht eingerechnet. Und schlecht fürs Klima sind Autos auch. Eigentlich sollte man die Menschen durch Werbung also ermutigen, so etwas nicht zu kaufen und dafür etwas anderes.
Man bräuchte also Werbung, die den Leuten klarmacht, warum Autoverkehr schlecht und stattdessen Fahrradfahren viel besser und auch gesünder ist. Wahrscheinlich kommt man in Städten wie dem notorisch verstopften Berlin sogar schneller ans Ziel. Gibt es also irgendetwas, das gegen Fahrradfahren spricht? Stimmt: Bei Regen wird man nass. Aber das Problem erledigt der Klimawandel.
Verboten wird, was Spaß macht
Was auffällt: Der grüne Weltverbesserungsfuror trifft immer wieder vor allem Dinge, die Spaß machen, die vielleicht nicht unbedingt nötig sind, aber etwas mit Wohlfühlen zu tun haben. Ob es die Urlaubsreise ist, oder das lange Duschen oder eben Zucker, Chips, Schokolade und Süßigkeiten.
Was das Ganze ja eigentlich ist, ist eine Misstrauenserklärung der Politiker an die Bürger. Also an jene, die sie überhaupt ins Amt gewählt haben.
Der kluge Robert Habeck und der superkluge Cem Özdemir wissen es besser als alle anderen. Sie wissen, dass die Menschen nicht selbst entscheiden können, dass sie nicht urteilen können, dass die Eltern nicht über ihre Kinder bestimmen können, jedenfalls dann nicht, wenn es um Leib und Leben geht.
Was ist ungesund?
Dabei ist es schon höchst fragwürdig, was überhaupt "ungesund" sein soll. Es geht um Produkte mit zu viel Zucker, Fett und Salz. Orientiert an den Anforderungen des Nährwertprofilmodells der Weltgesundheitsorganisation WHO.
Als Messlatte, ab wann Produkte "zu viel" Salz, Fett und Zucker enthalten, sollen Nährwertprofile der Weltgesundheitsorganisation (WHO) dienen, die auf Regulierungen für Kinder zielen. Dabei handelt es sich um Höchstwerte für mehrere Kategorien, die beispielsweise bei Frühstückszerealien wie Müslis nicht mehr als 15 Gramm Zucker pro 100 Gramm vorsehen. Nicht tabu sein soll laut Ministerium Werbung für Milch und normale Obstsäfte.
Nach diesen rigiden und einseitig begründeten Kriterien sind auch Fruchtsäfte nicht erlaubt oder Smoothies aus 100 Prozent Frucht. Müslis dürfen nicht mehr als 15 Gramm Zucker auf 100 Gramm enthalten. Steckt mehr Zucker in der Packung, sollen sie nicht mehr für Kinder angepriesen werden. Bei Joghurts liegt der Grenzwert bei 10 Gramm.
Milch sollte maximal 2,5 Gramm Fett auf 100 ml erhalten, Vollmilch ist damit verboten. Käse darf nur 20 Gramm Fett pro 100 Gramm erhalten.
Auch für Fertigessen wie Pizza und Nudelgerichte sowie für Brot gelten strenge Auflagen.
Bereits der grüne Koalitionspartner FDP kritisiert die WHO-Liste. Die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Carina Konrad sagte:
Bei der Einstufung von Lebensmitteln in gesund und ungesund sind die WHO-Grenzwerte aus gutem Grunde in der Praxis nicht umsetzbar und haben deshalb nicht den Weg in den Koalitionsvertrag gefunden. Diese erweisen sich nämlich als weltfremd, denn so dürfte noch nicht mal mehr ein Glas Milch, ein frisches Rosinenbrötchen oder bestimmte Obstsäfte beworben werden.
Carina Konrad
Was "ungesund" ist, wird weder objektiv festgestellt, noch in einem öffentlichen Willensbildungsprozess verhandelt. Sondern es wird nach ökonomischen Effizienzkriterien diktiert – oft genug von Privatkonzernen wie Versicherungen, die von statistischer Volksgesundheit direkt ökonomisch profitieren.
Es gehört zum ganzen Bereich der modernen Vermessung des Menschen, die gerade mit neuen digitalen Techniken dem Kunden aufgetragen und in Selbstvermessung verwandelt wird. Bewegung und Kalorien, Herzfrequenz und Gewicht werden immer transparenter und für andere Akteure verfügbar.
Özdemirs Pläne fügen sich in die Tendenz, den Körper als einen Raum des Privaten und Intimen aufzulösen, und gesellschaftlich verfügbar zu machen, um seine Kosten gering zu halten. Zu diesem Zweck sollten die Körper staatlich gesteuert werden.