Gute Nachricht: Eine rasante globale Energiewende ist möglich
- Gute Nachricht: Eine rasante globale Energiewende ist möglich
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Steigende Emissionen, düsterer Ausblick, COP28-Desaster. Doch es gibt auch Grund für Optimismus. Warum 100 Prozent Erneuerbare in kurzer Zeit funktionieren.
Während die 28. Klimakonferenz in Dubai stattfindet, die COP28, ist die Stimmung angesichts einer Lösung der Klimakrise auf einem Tiefpunkt angelangt. Der Präsident des Gipfels, Sultan Ahmed Al-Jaber, ist Industrieminister der Vereinigten Arabischen Emirate und Vorstandschef der staatlichen Ölgesellschaft ADNOC. Wen wundert es da, dass über 2.400 Lobbyisten der fossilen Brennstoffindustrie akkreditiert wurden, um am Klimagipfel teilzunehmen. Ein historischer Rekordwert.
Die globale Klimadiplomatie scheint tot zu sein. Die Gipfel und die Verhandlungen erscheinen mehr und mehr als gigantische Greenwashing-Events, in der wohlklingende Klimaallianzen von den reichen Staaten gegründet werden, ohne dass dabei Substanzielles herauskommt.
Zugleich steigen die Treibhausgasemissionen weiter, trotz fast dreißig internationalen Klimatreffen, auf denen immer wieder versprochen worden ist, gegen die globale Erwärmung vorzugehen. Heute ist die Kohlenstoffkonzentration in der Atmosphäre auf einen gefährlichen Rekordwert geklettert, wie Wissenschaftler warnen. Die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) erklärte zu Beginn der Klimakonferenz, dass 2023 das heißeste jemals gemessene Jahr sein wird, egal, wie kalt der Dezember noch werden wird.
Die Klimafolgeschäden werden währenddessen immer spürbarer und verheerender. Hitzewellen, Stürme, Wetterchaos, Überschwemmung … Zugleich beschleunigt sich der Meeresspiegelanstieg durch schrumpfende Gletscher und polare Eisschilde, was Städte und Inselstaaten schon in diesem Jahrhundert bedrohen könnte. Die Schäden werden mit weiter sich verstärkender Erhitzung zunehmen, so die Prognosen.
Bisher befinden wir uns auf dem Weg Richtung drei Grad Celsius Erderhitzung bis Ende des Jahrhunderts. Klimawissenschaftler sprechen bei einem solchen Szenario von einem anderen Planeten, auf dem die Menschen dann leben würden.
Um das Ruder rumzureißen, bräuchte es eine Energierevolution. Was das bedeutet, zeigt eine neue Studie. Danach müssten Industriestaaten, allen voran die USA, schon in wenigen Jahren, bis 2031, von fossil auf erneuerbar umsteigen, um das 1,5 bis zwei Grad Ziel, wie im Klimavertrag von Paris 2015 vereinbart, noch einhalten zu können. Zudem müssten die reichen Staaten mit hunderten Milliarden Dollar pro Jahr den armen Ländern bei der Transformation helfen.
Angesichts dieser schlechten Nachrichten bezüglich globalem Klimaschutz und der Herkulesaufgabe, die bewältigt werden müsste, um das Schlimmste zu verhindern, gerät eine durchaus positive Nachricht immer mehr in den Hintergrund. Denn eine globale Energiewende zu 100 Prozent erneuerbaren Energien ist möglich und wäre auch schnell, in rasantem Tempo umsetzbar.
Die Umstände dafür haben sich sogar durch die technologischen Entwicklungen und die Verbilligung erneuerbarer Energien in der Vergangenheit deutlich verbessert.
Doch bis heute gibt es jede Menge Skepsis gegenüber einer rasanten Energiewende – früher wurde ein Wechsel auf Erneuerbare an sich infrage gestellt. Aber genauso, wie sich die frühere grundsätzliche Skepsis als nicht haltbar erwies, so ist auch die aktuelle unberechtigt.
So stellte das Wuppertal Institut 2020 in der Studie "CO2 -neutral bis 2035: Eckpunkte eines deutschen Beitrags zur Einhaltung der 1,5-°C-Grenze" fest:
Ein vollständig auf erneuerbaren Energien beruhendes Stromsystem wird von verschiedenen Szenariostudien sowie weiteren wissenschaftlichen Studien als technisch und ökonomisch realisierbar eingeschätzt. … Insgesamt legen die Analysen in dieser Studie nahe, dass das Erreichen von CO2-Neutralität bis zum Jahr 2035 aus technischer und ökonomischer Sicht zwar extrem anspruchsvoll wäre, grundsätzlich aber möglich ist.
Das bedeutet für die Bundesregierung jedoch: Kursänderung sofort. Den Ausbau von Windrädern und Solarpanels müsste man umgehend verstärken, das Tempo faktisch um das Zwei- bis Dreifache gegenüber den besten Ausbaujahren erhöhen. Der Umbau des Stromnetzes braucht darüber hinaus eine signifikante Beschleunigung.
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Unnötiger Auto- und Flugverkehr sollte vermieden (minus 20 Prozent), auf öffentlichen Verkehr verlagert und der Rest elektrifiziert beziehungsweise über Power-to-Gas (Umwandlung von Strom in alternative Kraftstoffe unter anderem für Flugzeuge) betrieben werden. Beim Heizen kann auf Wärmepumpen, solarthermische Kollektoren und grüne Nah- beziehungsweise Fernwärme gesetzt werden. Auch das eine Herkulesaufgabe, aber zu stemmen, wenn die Ärmel hochgekrempelt werden, so die Studie.
Die Forscher machen dabei klar, dass die Kursänderung kein Selbstläufer ist, sondern eine politische Kehrtwende erfordert. Sie weisen auch darauf hin, dass je nachhaltiger der Lebensstil gestaltet werde, die Wende desto leichter zu meistern sei.
Im Klartext: Je weniger in Summe geflogen, mit dem Auto gefahren, geheizt, unnötig und energieintensiv konsumiert wird und je weniger Nutztiere gehalten werden, umso einfacher ist es, die rasante Dekarbonisierung in hohem Tempo zum Erfolg zu bringen. Dafür braucht es sozial faire Regelungen, Anreize und auch Verbote vonseiten des Staates. Die Regierungen müssen also den Rahmen setzen.
Die Energy Watch Group (EWG) hält eine Umstellung bis 2030 ebenfalls für realisierbar. Dabei würden Wind- und Sonnenenergie (PV) etwa 80 Prozent ausmachen, während Batterien, Geothermie und Wasserkraft bundesweit einen Anteil von etwa 12 Prozent für die Strom-Erzeugung beisteuern.
Es zeigt sich, dass der notwendige Umbau aller Energiesektoren mit gleichmäßigem Ausbau der Erneuerbaren Energien kostengünstig bis 2030 möglich ist.
Es würden in einem 100-Prozent-Erneuerbare-Energien-System danach Entstehungskosten von 76 Euro pro Megawattstunde (MWh) anfallen. Das entspricht den Kosten im herkömmlichen System.
Technisch und ökonomisch ist also die Wende zu 100 Prozent Erneuerbare auch in kurzer Zeit möglich, wenn man den maßgeblichen Studien folgt. Das Nadelöhr liegt an anderer Stelle. So stellt das Wuppertal Institut fest:
Ob sich dieses Ziel (CO2-Neutralität bis 2035, Telepolis) jedoch tatsächlich realisieren lässt, hängt auch maßgeblich von der gesellschaftlichen Bereitschaft und einem massiven politischen Fokus auf die notwendige Transformation ab.
Daher ist Energiewende-Skepsis so schädlich, weil sie die gesellschaftliche Bereitschaft und den notwendigen politischen Fokus schwächt.