Hält Deutschland der internationalen Konkurrenz stand?
"Made in Germany" ist nur noch selten qualitativ überlegen und günstig. Das gilt nicht nur im direkten Wettbewerb mit China. Wie sich der Markt neu ordnet.
Deutschland konnte spätestens seit Beginn dieses Jahrhunderts davon profitieren, dass sich die USA nach den Anschlägen vom 11. September in der Hauptsache auf ihre Aufrüstung im Kampf gegen den internationalen Terror konzentriert hatten und die zivile Wirtschaft anderen überließen.
Inzwischen hat jedoch China seine Chancen genutzt, hat die ihm zugedachte Rolle als Werkbank des Westens abgestreift und hat sich immer mehr Zukunftsbranchen herausgepickt und mit aller Kraft entwickelt.
Während Deutschland weiterhin auf seinen Export setze, legte China neben der Entwicklung zukunftsfähiger Technologien sein Schwergewicht auf den Ausbau des Binnenmarktes, der inzwischen für 80 Prozent des BIP verantwortlich ist. Dass bei diesem Vorgehen nicht alle Hoffnungen sogleich in Erfüllung gingen, war erwartbar, hat die Entwicklung jedoch höchstens gebremst, aber nicht verhindert.
Deutschland folgt bei den Fehlern dem britischen Empire
Zu Beginn der Industrialisierung konnte sich Deutschland über Jahrzehnte seine Entwicklungsimpulse mit staatlicher Unterstützung von den Britischen Inseln besorgen und diese Ideen verbessern. Eine Vorgehensweise, die man im Reich der Mitte als nachahmenswert wertschätzte.
Wie sich die Britischen Inseln in ihrem industriellen Abstieg entwickelten, weil sie sich industriell nicht mehr weiterentwickeln wollten, ist spätestens seit dem Brexit kaum noch zu übersehen. Ein Schicksal, das auch Deutschland blühen könnte, wenn es an seinen alten Vorbildern und Vorlieben festhält, wo chinesische Unternehmen ein deutlich höheres Risiko einzugehen gewillt sind.
Dass der chinesische Staat die Entwicklung seiner Industrie forciert und in einem Umfang subventioniert, die in Europa nicht möglich erscheint, wird hierzulande mit Zöllen und Exportverboten nach US-Vorgabe gekontert, die schon im Falle der Briten letztlich gescheitert sind.
China entwickelt Branchen gezielt
Nichts ist erfolgreicher als der Erfolg und so entwickelt China letztlich zusammenhängende Branchen so weiter, dass neue Produktionscluster entstehen, die einander befruchten. Anders als die oft ziemlich konfus erscheinenden europäischen Förderkulissen entpuppt sich das chinesische Vorgehen meist als zielgerichteter, auch wenn dies im Westen meist zu spät erkannt wird.
Dieses Vorgehen ist inzwischen weitgehend etabliert und wird Branche für Branche exekutiert. Dies zeigt sich an Fotovoltaik, Batteriespeichern, Elektroantrieben mit Batterien und mit Wasserstoff, autonomen Fahr- und Flugzeugen, Windkraftanlagen, Mobilfunknetztechnik und Smartphones.
Die chinesische Maschinenbauindustrie befindet sich laut VDMA derzeit in einer neuen Welle des "Going Global".
Dabei kommen inzwischen auch qualitativ immer hochwertigere und technisch fortgeschrittenere Systeme ins Spiel, die den deutschen Anbietern zu schaffen machen, weil sie zu einem vergleichsweise niedrigen Preis angeboten werden könnten. Dieser basiert inzwischen nicht mehr in erster Linie auf niedrigen Lohnkosten, sondern profitiert von den wachsenden Stückzahlen.
Als man Huawei den Zugang zu modernsten Chips verbaut hatte, hat man dort reagiert, indem man in die Chip-Entwicklung eingestiegen ist und seine Fertigungsanlagen mit anderen elektrotechnischen Produkten ausgelastet hat.
So liefert Huawei in Deutschland in zunehmendem Umfang Regelungstechnik für PV-Anlagen und PV-Speicher. Chinesische Roboter werden immer intelligenter und stoßen so in Bereiche vor, die für die deutsche Industrie als sicheres Pflaster galten.
Zu froh war man hierzulande, als man von der Robotisierung der Elektronikfertigung bei Hon Hai nichts mehr hörte.
Dass man dabei übersah, dass sich Foxcon das Thema Roboter in der Fertigung aufgeschoben hatte, weil Menschen bislang flexibler auf Umstellungen reagieren können, sich jedoch mit dem Joint Venture FARobot in Richtung Swarm Autonomy bewegt, ist symptomatisch und androide Roboter, die wohl in Kürze auf dem Markt erscheinen werden und die unter Personalknappheit leidende Pflege bald erreichen dürfte.
Zölle und Protektionismus sind nicht globalisierbar
Da kommt eine neue, einfachere und dann auch billigere Technologie daher, welche die alte teure, kompliziertere überflüssig macht und sich leicht in großer Stückzahl produzierten lässt. Und schon werden sicher geglaubte Terrains ziemlich wackelige Angelegenheiten.
Solch disruptive Entwicklungen gelingen, wie die aktuelle Entwicklung zeigt, eher in Märkten, die nicht von eingefahrenen Industrien blockiert werden. Bezahlen mit dem Smartphone ist in Ostafrika stärker verbreitet als in Mitteleuropa, wo die klassischen Banken sich von der Politik geschützt fühlen dürfen.
Noch hofft man hierzulande, dass man den chinesischen Wettbewerb mithilfe von Zöllen und anderen Beschränkungen wie Anti-Dumping- und Anti-Subventionsverfahren abwehren kann, übersieht dabei jedoch, dass man damit nur die heimischen Märkte einfrieren kann. Die direkten und indirekten Subventionen werden dann der chinesischen Konkurrenz deutliche Vorteile auf Drittmärkten verschaffen.
Der politisch geforderte Rückzug der Deutschen aus der Entwicklungshilfe, die über Jahrzehnte ein Instrument staatlicher Exportförderung war, mag zwar den Bundeshaushalt schonen und die öffentliche Meinung beruhigen, ist für die Entwicklung der deutschen Exportmöglichkeiten jedoch fatal.
In Afrika, Indien oder Vietnam wird man in absehbarer Zeit mehr billige chinesische E-Autos fahren und Solarenergie ausbauen als in den alten Industrieländern. Weil der Preis dort wichtiger ist als andere Aspekte.