Hamas: "Die Errichtung von 'Israel' ist vollkommen illegal"

Seite 2: Die neuen Richtlinien

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Vergleicht man verschiedene Programme in der Geschichte einer Partei, lässt sich viel über deren Entwicklung lernen. Im Fall der neuen Hamas-Richtlinien merkt man schnell, dass sich die Hamas nicht wirklich weit bewegt und verändert hat: Palästina wird direkt in der Präambel als "vom rassistischen, menschenfeindlichen und kolonialistischen Zionismus besetztes" Land beschrieben. Der Widerstand dagegen müsse weitergehen, bis das Land befreit und ein souveräner Staat mit Jerusalem als Hauptstadt errichtet ist.

Dabei geht es der Hamas keineswegs nur um das Ende der israelischen Besatzung im Westjordanland. Um jedes Missverständnis auszuschließen, wird Palästina bereits in Artikel 2 genau definiert: Es reicht vom Jordan im Osten bis zum Mittelmeer im Westen und von Ras Al-Naquora (Naquora) im Norden bis Umm Al-Rashrash (Eilat) im Süden. In diesem Gebiet liegen Israel, das Westjordanland und Gaza. "Die Hamas weist jede Alternative zur vollständigen Befreiung von Palästina vom Fluss bis zur See zurück", heißt es weiter.

Alle Verträge illegal

Völkerrechtlich relevant ist, dass die Hamas den UN-Teilungsbeschluss von 1947 ablehnt: "Die Errichtung von 'Israel' ist vollkommen illegal und verstößt gegen die unveräußerlichen Rechte des palästinensischen Volkes und verstößt gegen seinen Willen und den Willen der Ummah." Auch viele andere Abkommen lehnt die Hamas von Grund auf ab, zum Beispiel die Oslo-Verträge, da diese alle gegen die "unveräußerlichen Rechte des palästinensischen Volkes" verstoßen würden.

Dass die Hamas mit ihren neuen Richtlinien Israel irgendwie anerkennen, davon kann keine Rede sein. Die Hamas will nur einem Palästinenserstaat in den Grenzen von 1967 nicht im Wege stehen. Dieser ist für sie freilich nur ein Zwischenstadium - anders kann man das nicht verstehen -, letztes Ziel bleibt die Zerstörung Israel als Staat. Damit liegen die neuen Richtlinien im Rahmen dessen, was Chalid Maschal schon 2012 gesagt hatte, "Ich akzeptiere einen Palästinenserstaat in den Grenzen von 1967 mit Jerusalem als Hauptstadt und dem Rückkehrrecht." Auch andere Hamas-Politiker hatten Israel mehrfach, etwa 1997 und 2004, einen vorübergehenden Waffenstillstand von zehn Jahren angeboten, wenn es die Besetzung von Gaza-Streifen und Westjordanland beende.

Wird die Charta eingemottet?

Ob die neuen Richtlinien die alte Charta wirklich ersetzen werden oder eher ergänzen, ist auch nach der Pressekonferenz von Doha unklar: Im Interview mit Al-Dschasira blieb Khaled Mashal in dieser Hinsicht vage. Das Papier beschreibe die aktuelle Position, sagte er: "Die alte Charta war ein Produkt ihrer Zeit vor 30 Jahren. Wir leben heute in einer anderen Welt", sagte er.

Marc Frings von der Konrad-Adenauer-Stiftung in Ramallah sagte im Deutschlandfunk, er deute die Richtlinien "eher als ein politisches Programm (...), das möglicherweise neben der Charta weiter existieren wird, gewiss auch mit ihr konkurrieren wird". Sie richteten sich einfach an eine andere Zielgruppe, nämlich das Ausland und Ägypten im Besonderen. Damit solle gezeigt werden, dass die Hamas sich bewegen könne.