Hamas: "Die Errichtung von 'Israel' ist vollkommen illegal"

Seite 3: Verheerende Regierungsbilanz von Hamas im Gaza-Streifen

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Tatsächlich hat die Hamas ein Problem: Im Gaza-Streifen reagiert sie zwar mit harter Hand. Aber seit sie 2006 in freien Wahlen an die Macht kam, hat sie den winzigen Küstenstreifen in zwei Kriege mit Israel geführt, den erstem 2008/9 und den zweiten 2014, die in verheerenden Niederlagen endeten. Tausende auf Israel abgeschossene Raketen, die die Hamas offenbar extra für diesen Zweck angeschafft hatte, führten nur dazu, dass das militärisch weit überlegene Israel den Gaza-Streifen in Schutt und Asche bombte.

Inzwischen ruhen die Waffen zwar, aber die Bevölkerung leidet unter den Kriegsfolgen. Politisch geht es nicht vor und nicht zurück, vor allem seit das Militär in Ägypten die Muslimbrüder, als deren Ableger Hamas einst gegründet worden war, und deren Präsidenten Mohammed Mursi von der Macht vertrieben hat. Die Grenze zu Ägypten ist gegenwärtig geschlossen.

Zwar hat Ägypten gerade angekündigt, die Grenze bald zwei Mal im Monat zu öffnen. Aber die Gaza-Regierung, also die Hamas, ist ihren Bürger natürlich schon eine Erklärung schuldig, warum alle Nachbarn ihnen die Tür vor der Nase zuschlagen. Insofern muss man die Richtlinien wohl als einen Versuch sehen, neue politische Spielräume zu gewinnen.

Streit mit der Fatah

Das gilt auch für den innerpalästinensischen Dialog. Eine politische Wiedervereinigung von Westjordanland und Gazastreifen ist immer noch nicht verwirklicht, trotz zahlreicher Vermittlungsversuche. Deshalb bekennt sich die Hamas in den neuen Richtlinien zur PLO als politischer Dachorganisation der Palästinenser. Diese müsse weiterentwickelt werden, damit alle (gemeint ist: auch die Hamas) daran teilnehmen können. "Die Hamas glaubt daran und hält daran fest, seine palästinensischen Beziehungen auf der Grundlage von Pluralismus, Demokratie, nationaler Partnerschaft, Akzeptanz anderer und der Aufnahme von Dialog zu gestalten." Die Institutionen der Palästinenser müssten auf demokratischen Prinzipien gegründet sein, vor allem freien und fairen Wahlen.

De facto hält die Hamas jedoch eisern an der Macht in Gaza fest. Nachdem Palästinenserpräsident Abbas kürzlich gedroht hatte, Zahlungen der Palästinensischen Autonomiebehörde in den Gaza-Streifen wie Beamtengehälter und auch an Israel für Stromlieferungen nach Gaza zu stoppen, regierte die Hamas mit Druck auf die Fatah-Organisation von Abbas: Mehrere Fatah-Mitglieder im Gaza-Streifen wurden inhaftiert.

Ablehnung in Israel

In Israel konnten die neuen Richtlinien nicht überzeugen. Kein Wunder, die Behauptung der Hamas, wonach sie nur gegen das "zionistische Projekt" sei und nicht gegen das Judentum als Religion, dürfte die jüdischen Israelis kaum beruhigen. Denn die überwältigende Mehrheit ist für den Staat Israel und muss dementsprechend die Hamas weiterhin als Feind ernstnehmen. Ein Sprecher von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kommentierte: "Hamas versucht, die Welt an der Nase herumzuführen, aber das wird nicht gelingen."

Tal Harris von der israelischen Arbeitspartei wies auf der deutschen Nahost-Plattform Alsharq darauf hin, dass die Formulierung der Hamas, wonach die Grenzen von 1967 nationaler Konsens seien, auch von der israelischen Rechten kommen könne, die ebenfalls bedauernd feststellt, dass "die meisten Parteien" in Israel für einen Palästinenserstaat seien, und insofern keine Anerkennung der Grenzen sei.

"Die Hamas betreibt auch eine Menge Aufwand, ihren Judenhass zu entschuldigen, anstatt ihn einfach sein zu lassen", kritisierte Harris. Die Hamas schreibe von "Demokratie", "freien und fairen Wahlen", "Mäßigung" und "Toleranz", toleriere aber in Gaza keine Opposition, halte keine Wahlen ab und verweigere dem jüdischen Volk das Recht auf einen eigenen Staat. Sicher könne sich auch die Hamas "von einer Organisation fanatischer Fundamentalisten hin zu einem legitimen politischen Akteur" wandeln. Aber: "Der Weg dorthin ist allerdings lang und erfordert einen Paradigmenwechsel, ähnlich wie bei der PLO im Jahr 1988".