Hamburger Staatsanwaltschaft untersucht Elbphilharmonieskandal
Berliner Ermittlungsbehörden im BER-Fall weiter untätig
Am 20. April hatte der schleswig-holsteinische FDP-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Kubicki angesichts der Verurteilung des ehemaligen rheinland-pfälzischen Finanzministers Ingolf Deubel (SPD) gefordert, dass Staatsanwälte nun bundesweit "ihre bisherige Zurückhaltung bei Politikern aufgeben und härter durchgreifen" sollten. Konkreten Handlungsbedarf sah er vor allem bei der Hamburger Elbphilharmonie und beim neuen Berliner Willy-Brandt-Flughafen: Dort seien "durch Fehlplanungen von Politikern Steuergelder in Milliardenhöhe veruntreut worden", weshalb jetzt "die Staatsanwälte ranmüss[t]en".
Gestern wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Hamburg fünf Tage nach Kubickis Äußerung ein Vorermittlungsverfahren zur Elbphilharmonie eingeleitet hat. Auf Anfrage von Telepolis heißt es dort allerdings, die Forderung des FDP-Politikers sei nicht der Anlass für die Einleitung der Vorermittlungen gewesen - vielmehr habe man die Vorgänge rund um den Bau schon länger im Blick gehabt und den unlängst erschienenen Abschlussbericht des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zum Anlass genommen, die Beschäftigung mit der Sache auf eine neue Stufe zu heben.
Als der Hamburger Senat den Prestige-Konzertsaal auf einer Elbinsel plante, da sagte man den Bürgern der Hansestadt zuerst, das Projekt würde sie lediglich das von der Stadt dafür zur Verfügung gestellte Grundstück kosten. Dann stiegen die veranschlagten Kosten nach und nach von 77 auf 789 Millionen Euro. Wobei offen ist, ob die Elbphilharmonie vor ihrer aktuell für 2017 anvisierten Eröffnung nicht noch teurer wird.
Ob aus den nun begonnenen Vorermittlungen Prozesse und Verurteilungen resultieren werden, ist noch nicht klar: Erst will die Hamburger Staatsanwaltschaft anhand des 724 langen Seiten langen Abschlussberichts prüfen, ob sich "Anhaltspunkte für Straftaten ergeben, die noch nicht verjährt sind". Gut möglich ist, dass dazu noch weitere Unterlagen angefordert oder Nachforschungen getätigt werden müssen.
Als mögliche Täter kommen unter anderem der ehemalige Regierende Bürgermeister Carl-Friedrich Arp Freiherr von Beust und dessen Senatskanzleichef Volkmar Schön (beide CDU), Projektkoordinator Hartmut Wegener (SPD) und Führungskräfte im Baukonzern Hochtief und beim Architekturbüro Herzog & de Meuron infrage.
In Berlin gibt es dagegen derzeit weder Vorermittlungen noch Ermittlungen zu Steuergeldverschwendung beim Bau des Willy-Brandt-Flughafens, dessen Kosten anfangs auf 1,7 Milliarden veranschlagt wurden. Aktuell schätzt man sie auf 5,4 Milliarden Euro.'Würden dort Ermittlungen eingeleitet, könnte das auch die Planer anderer Prestigeprojekte zu mehr Umsicht anspornen - beispielsweise in München, wo die bayerische Staatsregierung einen Konzertsaal auf einer Isarinsel plant, für den das Forum der Technik im Deutschen Museum weichen soll.
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