Hat die Offensive der Ukraine schon begonnen?
Widersprüchliche Aussagen aus Kiew. Offenbar werden Aktionen nur bei Erfolgen eingestanden. Neue Erkenntnisse über Freiwillige aus Polen.
Hat die ukrainische Offensive gegen russische Truppen im Land, in den Separatistengebieten und auf der Krim begonnen oder nicht? In dieser Frage sorgt Kiew selbst für Verwirrung. Am gestrigen Montagnachmittag wies Vizeverteidigungsministerin Hanna Malijar russische Darstellungen zurück, man habe einen ukrainischen Vorstoß in die Region Donezk zurückgeschlagen. Heute waren plötzlich andere Töne zu vernehmen.
Man stoße an einigen Frontabschnitten vor und bestätige Geländegewinne nahe der zerstörten Stadt Bachmut im Osten des Landes. "Wir führen offensive Aktionen in einigen Gebieten durch", bestätigte Malijar über den Onlinedienst Telegram. Das Gebiet um Bachmut sei weiterhin "das Zentrum der Kämpfe". Dort verzeichnet die ukrainische Armee laut Malijar auch Erfolge.
Damit verstärkt sich der Eindruck, dass die Kämpfe zwischen der Ukraine und Russland eskalieren, dies aber niemand zugeben will. Grund dafür ist offenbar, dass offensive Aktionen erst im Nachhinein zugegeben werden, sofern Erfolge zu verzeichnen sind.
So hat Russland nach eigenen Angaben eine weitere Großoffensive der ukrainischen Streitkräfte in Donezk zurückschlagen können. "Nachdem das Kiewer Regime am Vortag schwere Verluste erlitten hatte, reorganisierte es die Reste der 23. und 31. Brigade in getrennte und konsolidierte Einheiten, die ihre offensiven Operationen fortsetzten", hieß es auf dem Telegram-Kanal des russischen Verteidigungsministeriums.
Auf russischer Seite seien Boden- und Luftstreitkräfte im Einsatz. Mit Raketen, Artillerie und schweren Flammenwerfersystemen sei es gelungen, den ukrainischen Streitkräften eine Niederlage beizubringen.
Indes weist auch eine Äußerung des ukrainischen Außenministers Dmytro Kuleba darauf hin, dass Bewegung in den militärischen Konflikt kommt. Er sagte, die Ukraine habe inzwischen genügend Waffen für ihre Gegenoffensive zusammentragen können. Die bevorstehende Offensive werde seinem Land den Sieg bescheren, den es brauche, um der Nato beizutreten, sagt Kuleba gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Eine Nachfrage, ob die Gegenoffensive bereits begonnen habe, ließ er unbeantwortet.
Polnische Milizionäre in Russland
In einem von Bildern und Videos begleiteten Beitrag auf Telegram hat das polnische Freiwilligenkorps (Polski Korpus Ochotniczy) seine Teilnahme an den Kämpfen der vergangenen Wochen in der russischen Grenzregion Belgorod bestätigt. Das Berichtet die Berliner Zeitung unter Berufung auf diese Postings. Offizielle Stellen in Polen haben die Beteiligung aber nicht bestätigt.
Zu den Angriffen bekannten sich auch zwei paramilitärische russische Freiwilligenbataillone. Die Gruppierungen "Russischer Freiwilligenkorps" und "Legion Freiheit Russlands" kämpfen zwar aktuell aufseiten der Ukraine, bestehen aber aus zum Teil rechtsextremen Russen. Russische Soldaten behaupteten zuvor, sie hätten einige der Kämpfer auf Polnisch kommunizieren hören.
"Jeder stellt uns dieselbe Frage: Haben wir an der Operation auf dem Territorium der Region Belgorod teilgenommen? Die Antwort ist eindeutig: Natürlich!", heißt es in dem Beitrag, der am Sonntagmorgen veröffentlicht und später wieder gelöscht wurde. "Das polnische Freiwilligenkorps beteiligte sich gemeinsam mit dem russischen Freiwilligenkorps an der Kampfaufgabe. Uns verbindet nicht nur die Bande der Waffenbrüderschaft, sondern auch persönliche Freundschaften und Kameradschaft."