Heilige Allianz gegen den Liberalismus?
Seite 3: "Schutz der Familie"
Wie aus Kreisen des Moskauer Patriarchats zu vernehmen war, sieht die RPZ die katholische Kirche als Bündnispartner gegen die "gefährliche Tendenzen" wie die Auflösung der Familie, die Zunahme der Euthanasie. Als auf dem Presse-Briefing ein britischer Korrespondenten wissen wollte, wie sich der russische Patriarch gegenüber dem Papst positionieren werde, der ja zur Frage der Homosexualität "eine liberalere Position" vertrete, widersprach der RPZ-Pressesprecher. "Die Kirche verurteilt Niemanden für seine Sünde." Die Kirche wünsche allerdings die "Gesundung" der Sündigen.
In Russland ist die Meinung weitverbreitet, Homosexualität führe zum langsamen Aussterben eines Volkes. Dass der Geburtenrückgang etwas mit steigendem Wohlstand zu tun hat, nicht aber mit Homosexualität, wird von russischen Experten, die es eigentlich wissen müssten, verschwiegen. Mit dem Schlagwort "Gayropa" hat man in russischen Fernseh-Shows eher die Chance, gehört zu werden, als mit nüchternen Fakten.
Auf die Frage von Journalisten, warum das Treffen der beiden Kirchenführer gerade jetzt stattfindet, wich der RPZ-Pressesprecher aus. Er erklärte lediglich, die Reiserouten der Kirchenführer hätten sich "gekreuzt."
Tatsächlich war jedoch der Ort des Treffens, Kuba, ganz bewusst gewählt worden. Das sei "neutraler Boden", sagte der RPZ-Pressesprecher. Wie schon Anfang Februar bekannt wurde, wollte Patriarch Kirill nicht, dass das Treffen in Europa stattfindet, da die Geschichte der Christen in Europa mit "Spaltungen und Konflikten" verbunden sei.
Ringen um Einfluss in der Ukraine
Wie aus Kreisen der RPZ zu hören war, habe das Treffen der Kirchenführer nicht eher stattfinden können, weil der Vatikan seit den 1990e Jahren in Russland eine "missionarische Tätigkeit" betrieben habe. Außerdem habe der Vatikan die in der West-Ukraine einflussreiche "ukrainisch-griechisch-katholische Kirche" unterstützt. Diese Kirche hat einen byzantinischen Ritus, ist aber seit 1596 in einer Union mit der römisch-katholischen Kirche verbunden, weshalb man sie auch "die Unierte" nennt.
Die Unierten, so der Vorwurf der RPZ, hätten Anfang der 1990er Jahre in der West-Ukraine drei Bistümer des Moskauer Patriarchats mit Gewalt übernommen. Nach dem Sieg der orangenen Revolution 2005 in der Ukraine wurde der Hauptsitz der "Unierten" von Lviv (Lemberg) nach Kiew verlegt. Das Moskauer Patriarchat beklagt, dass die "Unierten" in der aktuellen politischen Krise in der Ukraine mit "antirussischen Losungen" und "Russophobie" beteiligt sind.
Das Treffen in Kuba sei nur möglich geworden - so war aus Kreisen der RPZ zu hören -, weil der Vatikan die Unterstützung der "Unierten" in der West-Ukraine und die "Missionarstätigkeit" in Russland eingestellt habe.