Heizen mit Umgebungsluft
Wir haben zu lange auf billiges Erdgas gewettet, sagt Volker Quaschning, Professor für regenerative Energiesysteme. Alternative: Wärmepumpen. Bis 2030 sollen sechs Millionen dieser Heizsysteme installiert werden. Kann das gelingen? Eine Analyse.
Seit Wochen wird über die Gasknappheit diskutiert. Die Bundesregierung fürchtet, das Land komme nicht über den Winter mit jenem fossilen Erdgas, das aus Russland kommt – oder eben nicht. Deshalb plant sie eine Offensive zum Einbau von Wärmepumpen als klimafreundliche Alternative zur Öl- und Gasheizung. Doch was ist das eigentlich, eine Wärmepumpe?
"Im Prinzip funktioniert die Wärmepumpe wie eine elektrische Heizung", sagt Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energiesysteme an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin. Also beispielsweise wie ein Wärmestrahler, in dem Strom einen Draht erhitzt und so die Umgebungsluft erwärmt.
"Der wichtigste Unterschied ist sicherlich die Effizienz: Im Wärmestrahler wird der Strom nur eins zu eins umgesetzt, eine Wärmepumpe macht dagegen aus einer Kilowattstunde Strom bis zu vier Kilowattstunden Wärme", so der Experte. Dies gelinge, in dem zusätzlich Umgebungswärme gewonnen wird – entweder aus der Luft oder aus Wasser oder durch die Erdwärme. "In der Investition ist die Wärmepumpe teurer als die fossile Erdgastechnik", so Quaschning.
Und weil alle darauf gewettet hätten, dass Erdgas immer billig bleibt, habe sich die Wärmepumpen-Technologie bislang noch nicht durchsetzen können. Dies ändere sich gerade – für Mieter und Wohneigentümer haben sich die Gaspreise verdoppelt, und angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine dürfte sich an der Preissteigerung so schnell nichts ändern.
Notwendig sei eine Offensive für die Technik der Wärmepumpe, so Quaschning – um unabhängig von russischem Erdgas zu werden und die Klimaziele zu schaffen. Bis 2030 sollen deshalb sechs Millionen Wärmepumpen in Deutschland eingebaut werden, so das ausgegebene Ziel von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne).
Sie machen unabhängiger von russischem Gas und können die deutsche Treibhausgas-Bilanz aufpolieren. Um das Sechs-Millionen-Ziel 2030 zu erreichen, müssten jetzt pro Jahr gut 500.000 solcher Heizsysteme installiert werden – und dieses Pensum müsste in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts noch etwas gesteigert werden, um auf sechs Millionen zu kommen. Im vergangenen Jahr wurden aber gerade einmal 150.000 in Deutschland eingebaut. Ist das neue Regierungsziel realistisch?
"Es ist notwendig", sagt Professor Quaschning: "Um unser Ziel – klimaneutral bis 2045 – zu schaffen, dürfen keine Öl- und Gasheizungen mehr eingebaut werden." Derzeit aber würden die Deutschen immer noch mehr Gasheizungen in ihre Häuser packen als Wärmepumpen.
Schnelle Umschulungen erforderlich
Im vergangenen Jahr brachte es die Wärmepumpe auf knapp 17 Prozent aller neu installierten Heizungen, die Gasheizungen dagegen auf einen Marktanteil von rund 70 Prozent. "Derzeit werden Gasheizungen hierzulande immer noch staatlich gefördert", erläutert Quaschning. Dänemark habe 2013 schon ein Einbauverbot für neue Gasheizungen beschlossen, so etwas bräuchten wir auch.
"Ein Problem ist, dass viele Handwerker ausschließlich Gasheizung 'können' – und diese dann auch empfehlen. Die müssen jetzt im Expresstempo auf Wärmepumpen umgeschult werden." Auch im Gebäudebestand könnten die Wärmepumpen eingesetzt werden, das hat ein Forschungsprojekt vom Frauenhofer-Institut für solare Energiesysteme untersucht, so Quaschning.
Ergebnis: In den meisten Gebäuden lassen sich Wärmepumpen relativ problemlos einsetzen, wenn man einige Anpassungen vornimmt. Manchmal waren die Heizkörper zu klein, manchmal musste ein besser gedämmtes Fenster eingebaut werden. Aber wenn solche Probleme vom Planer erkannt und vom Handwerker behoben würden, können sie auch im Gebäudebestand, also im Altbau zur Anwendung kommen. Quaschning: "Allerdings brauchen sie in diesem Fall etwas mehr Strom – und sind deshalb weniger effizient."
"Wir brauchen mehr Hersteller"
Gibt es überhaupt denn genügend Hersteller für Wärmepumpen? Das sei ein Problem, gibt Prof. Quaschning zu: "Wir brauchen mehr Hersteller von Wärmepumpen, mit den derzeitig gestörten Lieferketten stehen gar nicht genügend Geräte zur Verfügung."
Zwar versichert Martin Sabel, Geschäftsführer des Bundesverbandes Wärmepumpe, dass die Hersteller alles in ihrer Macht Stehende täten, um "einen schnellstmöglichen Hochlauf des deutschen Wärmepumpenmarktes zu ermöglichen".
Dafür müsse die Bundesregierung aber noch in diesem Jahr das Gebot gesetzlich verankern, dass ab 2024 alle neu eingebauten Heizungen auf der Basis von 65 Prozent erneuerbaren Energien arbeiten müssen. "Erst diese gesetzliche Fixierung bringt den Marktakteuren die notwendige Sicherheit, sich im erforderlichen Maßstab auf Wärmepumpen auszurichten", forderte Sabel.
Darüber wird aktuell in der Bundesregierung gestritten. Zunächst hatten sich die zuständigen Ministerien auf ein Gasheizungsverbot ab 2024 geeinigt, dann aber einen Rückzieher gemacht. In einem Konzeptpapier, das Habecks Ministerium zusammen mit dem Bauministerium von Klara Geywitz (SPD) erarbeitet hat, dürfen jetzt "zur Abdeckung von Bedarfsspitzen" Gas- oder Ölkessel genutzt werden. Neue Heizungen müssen allerdings ab Anfang 2024 zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energieträgern laufen.
Dieses Ziel dürfte mit einer Wärmepumpe schwierig zu erreichen sein: Sie heizt mit Strom, aktuell werden 50 Prozent des deutschen Strombedarfs regenerativ gedeckt. 65 Prozent Grünstrom im Netz werden mit dem derzeitigen Ausbautempo auch Mitte des Jahrzehnts noch nicht erreicht.
Quaschning: "In diesem, im letzten, im vorletzten Jahr wurden so wenige Windräder neu ans Netz genommen, wie nie zuvor in der jüngeren deutschen Geschichte. Außerdem kommen Elektromobilität, grüner Wasserstoff, die Wärmepumpen dazu, der Strombedarf wird also rasant steigen."
Mit normalem Haushaltsstrom werden die neuen Wärmepumpen das 65-Prozent-Ziel also nicht erreichen, sondern Hausbesitzer werden zusätzlich in Solaranlagen investieren müssen. Für den Klimaschutz bringen Wärmepumpen ohnehin nur einen Zugewinn, wenn sie zu 100 Prozent mit erneuerbar hergestelltem Strom betrieben werden.
Immerhin hat die Politik das Problem erkannt. "Wir müssen die Bedingungen für Mieterstrom verbessern, Genehmigungen für Photovoltaik schneller erteilen und die Wartezeiten auf Genehmigungen für Wärmepumpne verringern", erklärte Bundesbauministerin Geywitz.
Experte Quaschning sieht in den aktuellen Gesetzestexten zur Energiewende, "sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung. Ich bin aber sicher, dass die Regierung in den nächsten Jahren nachsteuern muss." Der Weg ins Wärmepumpenwunderland – er ist noch dornig.
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