High-End-Audio: Aus der Zeit gefallen?
Kreislaufwirtschaft und Recht auf Reparatur: Warum die High-Ende-Nische der kommenden Entwicklung schon um Jahre voraus ist.
Dass Deutschland mit technischen Entwicklungen oftmals hadert und vorwiegend beim Auto, seinem liebsten Kind, auf die Technik achtet und bei allem, was der Nachbar eher nicht sieht, sein Glück im Prinzip "Geiz ist geil" sieht, ist eine Entwicklung, die es schon seit Jahren technischen Entwicklungen jenseits von "Automotive" schwer macht, in Deutschland einen Markt zu finden.
Die "Geiz-ist-geil"-Philosophie deutscher Kunden hat in den letzten Jahren auch den stationären wie den Online-Handel angesteckt und zu einem Preiskampf geführt, bei dem jede rechtlich zulässige Begründung genutzt wurde, um den Wettbewerb zu unterbieten und sich selbst ein Stückchen vom Umsatz zu sichern, wobei der Eindruck aufkommt, dass manche Händler beim Blick auf den Umsatz die Marge vergessen.
Während sich viele Deutsche aktuell für neue Gerätetechnik nur schwer begeistern können und vielfach Softwarelösungen bevorzugen, die auf den ersten Blick kostenlos erscheinen, dafür jedoch mit den eigenen Daten bezahlt werden müssen, sind viele Kunden in Fernost sowohl technik- als auch qualitäts-verliebt. Dies ist keine neue Entwicklung, sondern zeigt sich im Audio-Bereich schon seit langem.
Waren in den 1990er Jahren die edelsten US-Marken angesagt, die man im stationären Handel in den größeren Städten finden konnte, sind es heute verstärkt deutsche Hersteller, die diese Geräte liefern. Dies ist nicht zuletzt ein Verdienst der 1982 gegründeten High End Society und ihrer weltweit führenden Branchen-Messe High End, die lange Zeit als sogenannte Hotel-Messe in Neu-Isenburg stattfand und inzwischen das MOC in München füllt.
In diesem Jahr konnte die mehrtägige Veranstaltung nach zweijähriger coronabedingter Pause mit 450 Ausstellern und 800 vertretenen Marken wieder in den Hallen an der Münchener Lilienthalallee stattfinden und hat wieder Fachbesucher aus der ganzen Welt angelockt, darunter zahlreiche Importeure aus Fernost. Das Messekonzept scheint aufzugehen. Das zeigt sich gerade im direkten Vergleich mit anderen Fachmessen wie der Kölner Photokina, die nach mehreren Jahren der Identitätssuche unter dem Eindruck von Corona die Segel dauerhaft gestrichen hat.
Das von der EU geplante Recht auf Reparatur
Auch wenn es die Branche bislang noch eher kritisch beäugt, könnten die kommenden EU-Verordnungen zu Kreislaufwirtschaft und Ökodesign letztlich für alle Anbieter hochwertiger Audiotechnik hierzulande neue Verkaufsargumente liefern und für eine langfristige Kundenbindung sorgen.
Wenn wie bei vielen High End-Produkten schon grundsätzlich vorgesehen ist, dass man diese leicht reparieren und meist auch auf eine neue Version upgraden kann, stellt die Umsetzung des geplanten Rechts auf Reparatur und deren kurzfristige Umsetzung kein wirkliches Problem dar.
Wenn man eine eventuell benötigte Reparatur zu vertretbaren Kosten im politisch geforderten Zeitrahmen selbst anbietet und garantiert, kann man im Zweifelsfalle auch die von der Politik geforderte Verpflichtung vermeiden, Ersatzteile an unabhängige Reparaturbetriebe liefern zu müssen.
Die derzeit im Raum stehende Verpflichtung, die Gewährleistung auch für Geräte übernehmen zu müssen, die von Dritten hinsichtlich Soft- oder Hardware modifiziert wurden, dürfte ebenso zum Scheitern verurteilt sein wie die Idee, gebrauchte Bauteile aus Fremdmarkengeräten in die eigenen Produkte einbauen zu müssen.
Umdenken
High-End-Audio-Geräte waren auch bisher kaum auf den Wertstoffhöfen der Republik zu finden und blieben in vielen Haushalten länger als die Kinder. Dennoch wurden sie für das Geräterecycling herangezogen und da die Kosten zu einem beträchtlichen Teil gewichtsabhängig berechnet werden, auch noch stärker belastet als leichtgewichtige Varianten aus Verbundwerkstoffen, die nicht recyclebar sind, weil eine Trennung auf absehbare Zeit nicht zu vertretbaren Kosten möglich ist.
Die Entwicklung hin zur Kreislaufwirtschaft wird auch im Bereich der Systeme zum Recycling von elektrischen und elektronischen Geräten zu einem Umdenken bei der Gebührenberechnung führen, die den realen Bedingungen stärker entsprechen werden als die aktuellen. Wenn man es nüchtern betrachtet, sind die Hersteller im Bereich High-End-Audio der absehbar kommenden Entwicklung schon um Jahre voraus.
Auch wenn High-End-Audio in Deutschland derzeit nur eine Nische besetzt und seine Zukunftsmärkte eher in Fernost hat, gibt es hierzulande noch eine "lukrative Nische in der Nische" und die hat sich in den letzten Jahren im Bereich Automotive entwickelt, wo sich gestandene "High-Ender" zu Partnern der Automobilindustrie entwickelt haben, die eine hervorragende Soundausrüstung für die Spitzenmodelle europäischer Fahrzeugbauer anbieten.
Da fehlt aktuell nur noch die passende High End-Ausrüstung für das Wohnmobil. Die dürfte jedoch nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen.