Hurra, der (Pseudo-) Aufschwung ist da!

Seite 3: Staatsfinanzierter Aufschwung

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Des Rätsels Lösung findet sich in den massiven staatlichen Konjunkturprogramm, die weltweit von den führenden Industrienationen gestartet worden. Die staatlichen Programme, die zur Aufrechterhaltung des stotternden kapitalistischen Konjunkturmotors aufgewendet werden, erreichten auf globaler Ebene tatsächlich enorme Dimensionen. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) beziffert den weltweiten Umfang der staatlichen Konjunkturhilfen auf rund drei Billionen US-Dollar. Dieser gigantische staatliche Nachfrageschub entspricht laut IfW ca. 4,7 % des Welteinkommens.

Die Vereinigten Staaten haben mit Aufwendungen in Höhe von 972 Milliarden US-Dollar das größte Konjunkturprogramm aufgelegt, das circa 35 % der globalen Gesamtausgaben umfasst. Dieser in zwei Konjunkturgesetzen vom Februar und Oktober 2008 verabschiedete Nachfrageschub entspricht beeindruckenden 7,1 % des amerikanischen BIP. In Relation zur eigenen Wirtschaftsleistung werden aber diese Aufwendungen von dem chinesischen Konjunkturpaket weit in den Schatten gestellt. Die 586 Milliarden US-Dollar, die Peking insgesamt zur Stützung der Wirtschaft aufwendet, entsprechen sage und schreibe 14 % des chinesischen BIP – und tragen maßgeblich zu dessen weiteren, rasanten Anstieg bei. China ist somit für 20 % der globalen staatlichen Konjunkturausgaben verantwortlich.

Die wirtschaftlichen Stimulierungsmaßnahmen der EU und Japans erreichen immerhin noch einen Anteil von jeweils circa 15 % an den weltweiten staatlichen Konjunkturausgaben. Aufgrund des unterschiedlichen Bruttoinlandsprodukts ergibt sich aber eine ganz anders zu gewichtende Auswirkung dieser Aufwendungen. Die 468 Milliarden US-Dollar des japanischen Konjunkturprogramms entsprechen circa neun % der Wirtschaftsleistung im „Land der aufgehenden Sonne“, während die von den europäischen Einzelstaaten und der Europäischen Investitionsbank aufgelegten Stimulierungsmaßnahmen gerade mal 1,6 % des BIP aller Mitgliedsländer der Europäischen Union betragen.

Angesichts dieser teilweise gigantischen Aufwendungen scheint ein Wirtschaftswachstum, wie es beispielsweise in Japan oder den USA realisiert wurde, doch äußerst bescheiden. Selbst das rasante Wachstum Chinas relativiert sich unter Berücksichtigung der enormen – 14 % des BIP umfassenden! - Konjunkturspritze. Immerhin äußern viele Ökonomen die Einschätzung, dass die meisten Konjunkturmaßnahmen erst ab Jahresmitte zu greifen beginnen. In der gesamten EU aber, die ja - in Relation zum BIP - sehr niedrige Stützungsmaßnahmen initiiert hat, kann selbst ein Wachstum im Promillebereich nicht realisiert werden. Die Industrieproduktion sank im Juni in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union um 0,2 % zum Vormonat, die Industrieaufträge gingen sogar um 0,46 % zurück.

Gestern hat die EU-Kommission eine Mitteilung mit dem Titel Rezession nahezu überwunden, Unsicherheit jedoch weiter hoch veröffentlicht:

Mit der teilweise auf energischen konjunkturpolitischen Maßnahmen beruhenden Stabilisierung der Weltwirtschaft wurde der Rückenwind im Sommer stärker. Im zweiten Quartal 2009 verringerte sich der Rückgang des BIP in der EU dank verbesserter Finanzierungsbedingungen gegenüber dem Vorquartal von 2,4 % auf 0,2 %. Da der Lagerhaltungszyklus sich an einem Wendepunkt befindet und das Vertrauen in fast allen Sektoren und Staaten wächst, sind die kurzfristigen Aussichten nun günstig.

Auf der Grundlage dieser Trends wurden die Wachstumsprojektionen für das zweite Halbjahr 2009 in der Prognose der Kommission leicht nach oben korrigiert. Gleichwohl wird für das Gesamtjahr 2009 infolge der nach unten korrigierten früheren Prognosen für 2008 und das erste Quartal 2009 weiterhin von einem Rückgang des BIP um 4 % sowohl in der EU als auch im Euroraum ausgegangen.

EU-Mitteilung

Offensichtlich findet nur dort eine konjunkturelle Erholung statt, wo die konjunkturellen Aufwendungen des Staates hoch genug sind. Überdies profitieren exportabhängige Länder wie Deutschland und Japan von den Konjunkturprogrammen anderer Volkswirtschaften.