IS droht der Hamas
In einem Video wird der Hamas eine laxe Befolgung des wahren Glaubens vorgeworfen und eine Übernahme des Gaza-Streifens durch IS-Milizen angekündigt
"Hamas ist ISIS, ISIS ist Hamas. Sie sind Feinde des Friedens", schrieb der israelische Premierminister Netanjahu im August 2014 während der "Operation Protective Edge" in Gaza. Die hohen Opferzahlen im Gaza-Krieg (Gaza: Wenn der Krieg in die nächste Eskalation kippt) forderten eine Begründung in der Öffentlichkeit. Rhetorisch wurde dies geleistet, indem der Unterschied zwischen Hamas und Bevölkerung verwischt wurde (vgl. "Wer sich noch im Gebiet aufhielt, war ein Ziel"), zugleich wurde der Terror der Hamas möglichst scharf herausgestellt und die Bedrohung auf eine Stufe mit dem IS gesetzt.
Der IS hat nun ein Video veröffentlicht, um Unterschiede zu verdeutlichen. Mittlerweile ist die Botschaft, die sich an die "Tyrannen der Hamas" richtet, aus dem leichter zugänglichen Web entfernt. Auch auf einschlägigen Webseiten findet sich kein Hinweis.
Laut Guardian und Ha'aretz, die sich auf Reuters berufen, ist es eine Kampfansage des IS an die Hamas. Zitiert wird daraus:
Wir werden den Staat der Juden und euch und die Fatah mit der Wurzel entfernen. Alle Säkularisten sind nichts. Ihr werdet von unseren Massen überrannt.
In Gaza werde Ähnliches passieren wie beim Flüchtlingslager Jarmuk in Syrien, so die Drohung, die mit der Ankündigung, dass dort die Scharia eingeführt werde, zugleich die Rechtfertigung für einen etwaigen Angriff liefert: die Hamas vertritt die Religion nicht korrekt genug und befindet sich damit im Lager der Ungläubigen.
Ein Überrennen des Gazastreifens dürfte allerdings angesichts der Lage des Gebiets nicht so leicht sein, wie dies die Propaganda anklingen lässt. Weder Ägypten noch Israel sind einfache "Durchgangsländer". Allerdings zeigen die heutigen Angriffe von IS-Milizen auf mehrere Checkpoints im Sinai, dass sich der IS davon wenig beeindrucken lässt. Der Sinai ist eine Schwachstelle und der IS hat dort mit der Ansar Bayt al-Maqdis einen wichtigen Verbündeten (IS gewinnt wichtige Dschihadgruppe auf dem Sinai).
Der französische Dschihad-Spezialist Romain Caillet steuert noch ein paar weitere Aussagen aus dem Video bei. Demnach wird der Hamas darin Verbindungen zu Iran vorgeworfen und zu Katar, das als wichtiger Alliierter des Westens herausgestellt werde. Die Hamas würde es zulassen, dass der schiitische Glaube in Gaza verbreitet würde.
Ein pragmatisches Motiv dafür, dass die IS nun öffentlich Drohungen gegen die Hamas verbreitet, liefert das harte Vorgehen der Hamas gegen IS-Sympathisanten in Gaza. Die New York Times berichtete gestern darüber, dass Mitglieder "extremistischer Gruppen", welche die Hamas als nicht "religiös" genug ablehnen, von der Hamas festgenommen, gefoltert und getötet wurden.
Von derartigen Spannungen wurde schon früher berichtet, etwa von Ha'arez Anfang Mai (Small pro-ISIS faction trying to challenge Hamas rule in Gaza). Der israelische Minister für den Geheimdienst, Israel Katz, verweist dessen ungeachtet auf die Zusammenarbeit der Hamas beim Waffenschmuggel auf dem Sinai mit Ansar Bayt al-Maqdis: Die "gemeinsame Sache", die beide gegen Israel führen, steht für den Minister im Vordergrund.