IWF prognostiziert Verschlechterung der Weltwirtschaftslage

Mit dem Abschwung drohen weitere Kreditausfälle und weitere Bankenzusammenbrüche

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Die Finanzkrise ist noch nicht ausgestanden und die ökonomische Situation dürfte sich weltweit weiter verschärfen. Das ist die Grundaussage des aktualisierten Berichts des Internationalen Währungsfonds (IWF) zur Stabilität der globalen Finanzmärkte. In dem Semesterbericht, der am Montag in Washington vorgelegt wurde, weist der IWF den Weg in eine tiefere Krise, die sich weiter ausdehnt.

Die Finanzkrise, ausgelöst durch das Debakel um die schlecht abgesicherten Subprime-Kredite am Hypothekenmarkt, ist nach Angaben des IWF nun ein Jahr alt. Zwar ist die Zeitrechnung etwas merkwürdig, hat aber damit zu tun, dass man auch bei der UN-Organisation etwas länger brauchte, um die platzende Immobilienblase mit den üblichen drastischen Folgen, zur Kenntnis zu nehmen.

Inzwischen haben sich realistischere Ansichten beim IWF durchgesetzt, wofür auch der Wechsel im Herbst 2007 an der Spitze eine Rolle gespielt hat. Der konservative spanische IWF-Direktor Rodrigo Rato wurde vom sozialdemokratischen Franzosen Dominique Strauss-Kahn abgelöst. Nun redet man beim IWF schon eher Klartext und nimmt auch gegenüber dem Land, das den Ton im IWF angibt, kein Blatt mehr vor den Mund.

So stünden die Zeichen für die US-Wirtschaft weiter auf Rezession. Steigende Energie- und Lebensmittelpreise, fallende Hauspreise und steigende Inflation seien dafür verantwortlich. Ein Ende der Immobilienkrise in den USA sei zudem nicht in Sicht. Und statt einer Stabilisierung wachse die Sorge, dass auch Bereiche von Kreditausfällen betroffen sein werden, die bislang davon verschont geblieben waren. Neue Zusammenbrüche von Banken sind deshalb besonders in den USA zu erwarten. Die Ausfallraten auf dem Hypothekenmarkt, die Kreditqualität der Hausdarlehen verschlechtere sich weiter, wie die Sorgen um Verluste bei Geschäftsbanken.

Auch nach der Verstaatlichung des kalifornischen Hypothekenfinanzierers Indymac gehen die Bankenpleiten weiter. Letzte Woche wurden die First National Bank of Nevada und die First Heritage Bank NA of California geschlossen. Insgesamt wurden damit in diesem Jahr schon sieben US-Banken zahlungsunfähig. Auch die großen halbstaatlichen Immobilienfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac sind in großen Schwierigkeiten und wären ohne die stattliche Hilfe der US-Notenbank und der Regierung wohl längst zahlungsunfähig. Betroffen war allein bei den letzten beiden kleineren Banken eine Gesamtsumme von mehr als 3,5 Milliarden US-Dollar. Nach den geschätzten 4 bis 8 Milliarden Dollar, für welche die US-Einlagensicherungsbehörde (FDIC) im Fall von Indymac einstehen muss, kommt erneut etwa knapp eine Milliarde hinzu.

Bei der Vorstellung des IWF-Berichts sagte Jaime Caruana, dass die Kreditkrise längst den Bereich der Risikokredite verlassen hat und sich allgemein ausweitet: "Der Verfall der Kreditqualität verstärkt und vertieft sich in dem Maße, wie sich das Wachstum der Ökonomien abschwäch." Der Kapitalmarktchef des IWF spricht so deutlich die weitere Internationalisierung der Krise an. Schließlich gehen weltweit die nationalen Ökonomien auf Talfahrt. Ohnehin haben sich Immobilienkrisen längst auch in anderen entwickelten Ländern wie Spanien, Irland, Großbritannien und Dänemark mit den entsprechenden Folgen entwickelt.

Der IWF hält auch an seiner Prognose fest, wonach sich die Verluste der Finanzkrise auf fast eine Billion Dollar beziffern, wobei pessimistischere Schätzungen diese Summe fast verdoppeln. Caruana resümierte: "Die Stabilität des globalen Finanzsystems bleibt gefährdet, die systemischen Risiken scheinen zurückzukehren." Zwar sei es den Banken zunächst gelungen frisches Kapital aufzunehmen, doch das falle ihnen zunehmend schwerer. Ihre Bilanzen und Aktienkurse stünden unter gehörigem Druck, was es erschwere, an frisches Geld zu kommen und die "Wahrscheinlichkeit erhöht, dass es zwischen dem Bankensystem und der Realwirtschaft zu einer negativen Wechselwirkung kommen könnte".

Neben den negativen Prognosen für die Industrieländer glaubt der IWF nun, dass auch die Schwellenländer mit nach unten gezogen werden dürften. "Es gibt klare Anzeichen, dass die Investoren vorsichtiger werden." Die Aktienmärkte vieler Schwellenländer hätten zuletzt schlechter abgeschnitten als andere Börsen, die Abflüsse aus spezialisierten Fonds seien hier besonders groß. Vor allem die Aktienmärkte in asiatischen Ländern litten unter Kapitalabflüssen und die Kreditaufnahme für Länder mit hohen Zahlungsbilanzdefiziten werde teurer.

Die üblichen Strategien zur Ankurbelung der nationalen Wirtschaften scheiterten an der steigenden Inflation. Denn steigende Preise verhinderten, dass Zentralbanken mit sinkenden Zinsen zur Hilfe eilen könnten, heißt es im IWF-Bericht weiter. Tatsächlich musste die Europäische Zentralbank erst kürzlich den Leitzins anheben, weil die Inflation in der Eurozone eine neue Rekordmarke von 4 % erreichte, wie die Statistikbehörde Eurostat kürzlich bestätigte. Gerade hat das Statistische Bundesamt in Wiesbaden auf Basis der Daten aus sechs Bundesländern den höchsten Preisanstieg in Deutschland in den letzten 15 Jahren mit 3,3 Prozent ermittelt.