Im Griff des Sicherheitsstaats?

Seite 2: Übung für die Umwelt- und Klimakatastrophen

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Man muss sich fragen, warum der präventive Sicherheitsstaat in Aktion mit der Absage der Leipziger Buchmesse mal eben immense finanzielle Verluste für eine Stadt wie Leipzig und zudem noch unabsehbare Entschädigungen in Kauf nimmt.

Da gibt sehr unterschiedliche Antworten. Zunächst gibt es nicht eine steuernde Instanz, die das Virus erzeugt hat und es jetzt einsetzt, wie Verschwörungstheoretiker behaupten. Vielmehr wird von den Staatsapparaten das Virus benutzt, um den präventiven Sicherheitsstaat mal auszuprobieren.

Angesichts der bevorstehenden Klima- und Umweltkrisen könnte die Corona-Dramatisierung der Auftakt für den präventiven Sicherheitsstaat werden. Es dürfte dann nicht bei Absagen von Buchmessen und Streiks bleiben. Mit dem Motto "Sicherheit geht vor" könnten bald auch größere Menschenansammlungen aller Art untersagt werden. Doch es gibt auch eine erste Kritik an der Corona-Dramatisierung.

In Israel wächst die Kritik an einer politischen Erwägungen geschuldeten Instrumentalisierung der Corona-Krise durch die Rechtsregierung. So gingen über 200 Beschwerden gegen Quarantäneverordnungen ein. In Israel wendet man sich auch dagegen, dass eine medizinische Frage zu politischen Zwecken ausgenutzt wird. So heißt es in der Jüdischen Allgemeinen Zeitung:

Währenddessen kritisierte der Vorsitzende der Ärztevereinigung, Hagai Levine, den Gesundheitsminister Yaakov Litzman. "Wenn es einen Ausbruch einer gefährlichen Infektionskrankheit gibt, ist es von großer Bedeutung, dass die Entscheidungen aufgrund von wissenschaftlichen Beweisen in einem ordentlichen Ablauf getroffen werden. Dieser Prozess muss von professionellen Experten angeführt werden. Nicht von Politikern."

Jüdische Allgemeine Zeitung

Auch Christian Rath findet in der Taz klare Worte: "Das totalitäre China hat nach dem Ausbruch von Corona ganze Städte abgeriegelt. Aber auch die deutsche Regierung kann ähnliche Maßnahmen ergreifen."

An Beispiel verschiedener Paragraphen des Infektionsschutzgesetzes zeigt Rath auf, welche weitgehende Eingriffsmöglichkeiten staatliche Apparate geschaffen haben.

Nur zwei Beispiele:

Um eine Ausbreitung von Krankheiten zu vermeiden, kann das Gesundheitsamt das öffentliche Leben einschränken. Dazu gehört das Verbot von Veranstaltungen sowie eine Schließung von Kindergärten und Schulen (§ 28).

"Kranke und Verdachtsfälle können in Quarantäne genommen werden, um weitere Ansteckungen zu vermeiden." Konkret heißt dies, dass sie in einem Krankenhaus "abgesondert" behandelt werden. Diese Maßnahme ist auch zwangsweise durchsetzbar. Um eine Flucht zu verhindern, können ihnen persönliche Gegenstände abgenommen werden. Die Behörden dürfen die Kommunikation der Betroffenen mit der Außenwelt mitlesen (§ 30).

Hier wurde jener Notstand in Gesetze gegossen, gegen den vor über 50 Jahren in der BRD viele Menschen auf die Straße gegangen sind. Es wäre zu wünschen, dass die Corona-Dramatisierung jetzt manchen Menschen vor Augen führt, welche massiven Eingriffsmöglichkeiten in das Leben der Menschen hier schon beschlossen wurden. In Zeiten der Klimakrise, die teilweise wie die Verbreitung des Coronavirus von irrationalen und dramatisierenden Untertönen begleitet wird, werden diese Notstandsgesetze nun angewendet.

Eine neue Opposition gegen den totalen Sicherheitsstaat wäre das Beste, was passieren könnte. Begleitend dazu sollten Experten aus aller Welt medizinische Mittel gegen den Virus erforschen. Die Politik sollte die Infrastruktur schaffen, dass an den Ergebnisse dieser Forschungen alle Menschen auf der Welt partizipieren können. Das sollte nicht nur für Corvid-19 gelten.

Alle medizinisch erprobten Mittel gegen Krankheiten sollten nicht mehr von Pharmakonzernen profitabel verwertet, sondern von einer transnationalen Gesundheitsbehörde verteilt werden, an die Menschen überall auf der Welt, die sie benötigen.

Eine solche Forderung kann allerdings nur von einer transnationalen sozialen Bewegung durchgesetzt werden, die sich den totalen Sicherheitsstaat und die Politik der Verbote und Absagen ebenso verweigert, wie sie immun sein muss gegen Irrationalismus und Dramatisierung von Krankheiten wie der Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2.