Im Kriegsjournalismus

Seite 2: "Halte den Corona-Faschismus nicht mehr aus"

An der Abwanderung von Autoren und Unterstützern beim "Magazin für die kritische Masse" hat Wernicke offenbar einen erheblichen Anteil. Für Verunsicherung sorgte schon eine halböffentliche Rundmail an Hunderte Adressaten, in der er Mitte Oktober vergangenen Jahres seine Flucht aus Deutschland ankündigte. "Damit Ihr Bescheid wisst: Ich verlasse morgen längerfristig das Land, denn ich halte den Corona-Faschismus nicht mehr aus", hieß es darin.

Er setze sich daher "morgen in aller Herrgottsfrühe" in ein südamerikanisches Land ab: "keine Regeln, keine Masken, keine Toten, welch Wunder". Er wolle fortan eine "rechtssichere Auslandsstruktur für den Fall der voranschreitenden Diktatur" schaffen, und "vor Ort (…) andere Strukturen aufbauen, die sich dann der europäischen Exekutive entziehen".

Ob die Exilierung ein Fake war, vermochte Telepolis nicht zu verifizieren. Der Rückzug war es. Wenig später meldete sich Wernicke wort- und nachrichtenreich wieder. Sein Einfluss scheint ungebrochen.

Spricht man über all dies mit ehemaligen Autoren und Unterstützern des alternativen Medienprojektes, ist deren Bedauern so offensichtlich wie die Intention, sich im Guten zu trennen. Daniela Dahn etwa mochte der kollektiven Erklärung der ehemaligen Beiräte nichts mehr hinzufügen, auch Jean Ziegler bat auf Telepolis-Nachfrage nicht weiter zitiert zu werden.

Verhalten bis versöhnlich klingt auch das Urteil von Telepolis-Autor Wolf Wetzel, der bis zur Abkehr von Rubikon eine Weile für dieses Magazin schrieb. Schon 2017, so Wetzel, seien die Bedingungen schwer gewesen. "Es trotzdem zu wagen, gegen die widrigen Umstände und gleichzeitig gegen den Strom schwimmen zu wollen, ist eine große Anstrengung, die nicht viele in Kauf nehmen." Es gehe dabei nicht nur um die finanziellen Mittel, sondern auch um ein politisches Selbstverständnis, das man in einem Prozess finden müsse.

Was man im Sinne des Projektes Rubikon kritisieren muss, ist die Weigerung, diese notwendige Debatte, also auch den Widerspruch dazu, selbst zu führen. Diese fehlende Souveränität, mit den Gegenargumenten zu streiten, dabei einem gemeinsamen Umgang zu (er-)lernen, in dem (historischen) Wissen, dass die Linke gerade kein Garant für vorausschauende Analysen und Prognosen ist, ist sehr bedauerlich - und das Gegenteil von dem, was zu Beginn den Reiz an Rubikon ausgemacht hat.

Wolf Wetzel