"In Deutschland wird auf Repression gesetzt"
Seite 2: "Freiheit ist eines der höchsten Güter der Menschheit"
- "In Deutschland wird auf Repression gesetzt"
- "Freiheit ist eines der höchsten Güter der Menschheit"
- "Im Fetischismus spielten Desinfektion und Hygiene schon immer eine wichtige Rolle"
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Wie geht es Dir mit dem Lockdown, Calea?
Calea Toxic: Um ehrlich zu sein, nicht gut. Ich finde die aktuelle Situation sehr belastend. Besonders belastet mich das Gefühl, dass ich von heute auf morgen mein Leben verloren habe. Damit meine ich nicht nur die fehlende Möglichkeit der Berufsausübung meiner Haupttätigkeit als Domina, sondern all die kleinen Dinge des Alltags, die mir Freude bereitet hatten: Freunde zu treffen, in schönen Restaurants zu sitzen, zu großartigen Shootings ins In- und Ausland zu reisen oder einfach nur mal einen Kaffee in der Stadt trinken und meine Mitmenschen zu beobachten. Ich würde mich als "Menschenliebhaberin" bezeichnen, denn ich genieße das Zusammensein mit vielen Menschen.
Ich berühre Menschen sehr gern und mag es, sie zum Beispiel in den Arm zu nehmen, face to face zu kommunizieren und gemeinsam zu lachen. All diese Leichtigkeit ist durch den Lockdown verloren gegangen. Es kommt mir manchmal wie ein Albtraum vor, aus dem ich jeden Tag hoffe aufzuwachen, doch "täglich grüßt das Murmeltier".
Calea, Du gehörst zu den bekanntesten Fetisch-Models in Europa und warst vor Covid-19 auch viel in der Fetisch-Party-Szene unterwegs. Hättest Du damit gerechnet, dass die quasi von einem Tag auf den anderen Tag nicht mehr existiert?
Calea Toxic: Niemals hätte ich damit gerechnet! Und es ist ja nicht nur die Fetisch-Party-Szene, die betroffen ist, sondern nahezu alles, was Spaß macht, ist praktisch von heute auf morgen im Erdboden versunken. Die ganze Party- und Clubszene, kulturelle Events, Konzerte, Dinge, die für einen Ausgleich und einen "mentalen Reset" gesorgt haben, gibt es einfach nicht mehr. Das wirkt auf mich oftmals wie ein schlechter Horrorfilm.
"Ich nutze den Tod als besten Berater in meinen Lebensentscheidungen"
Findest Du denn, Deine Freiheit ist nun eingeschränkt - privat, beruflich, finanziell … Oder kannst Du mit dem Dauer-Lockdown leben?
Calea Toxic: Meine Freiheit ist völlig eingeschränkt und das in jeglicher Hinsicht. Als Domina konnte ich bis heute, abgesehen von ein paar Ausnahmen im Herbst 2020, bereits seit über einem Jahr nicht mehr arbeiten. Lediglich mit einigen Fotoshootings, der Produktion von Wunsch-Clips oder großzügigen Session-Gutscheinen von wundervollen Stammgästen, die mir unter die Arme greifen, sowie einigen Einnahmen aus dem Online Business kann ich mich über Wasser halten. Meine Haupteinnahmequelle, das Arbeiten als Domina, ist allerdings komplett weggebrochen.
Anstelle des Gefühls von Freiheit, das besonders meine berufliche Entscheidung mit sich gebracht hat, erlebe ich aktuell nur Einschränkungen und Reglementierungen. Freiheit ist eines der höchsten Güter der Menschheit. Straftäter von schwerwiegenden Delikten werden mit Freiheitsentzug bestraft! Freiheitsentzug ist somit eine Bestrafung und deswegen ist der Lockdown aus meiner Sicht für jeden, der dessen Auswirkungen spürt, so belastend.
Neben dem aktuell gefühlten Freiheitsentzug durch immer weitere Lockdown-Beschränkungen kommen natürlich noch Sorgen hinzu. Sorgen um die Gesundheit von Familie und Freunden, um die eigene Gesundheit, Sorgen um die Existenz und die Zukunft.
In der Regel nutze ich den Tod als besten Berater in meinen Lebensentscheidungen. Ich stelle mir vor, wenn ich nur noch ein Jahr zu leben hätte, würde ich das eine oder jene dann genau so tun oder würde ich es anders machen oder sogar lassen. Diese Entscheidungsfreiheit wird mir durch den Lockdown genommen und deswegen kann ich ganz klar sagen, dass ich mit einem Dauer-Lockdown nicht leben kann.
Hattet Ihr in Eurem Studio denn große finanzielle Probleme nun?
Calea Toxic: Da ich kein eigenes Studio habe, sondern mich lediglich regelmäßig in diversen Studios in Deutschland, der Schweiz und den Niederlanden eingemietet habe, kann ich diese Frage nicht genau beantworten. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass einige Studios erhebliche finanzielle Probleme haben. Ein finanzielles Sicherheitspolster für einen mehrmonatigen Umsatzausfall gehört zu einem gesunden betriebswirtschaftlichen Konzept, aber dass der Lockdown für die Studios so lange anhält, damit hat niemand gerechnet. Es gab zwar staatliche finanzielle Hilfen, aber diese deckten natürlich nicht den gesamten Zeitraum des Lockdowns und nur die wenigsten werden ein derart großes Polster gehabt haben oder noch haben, einen so langen Zeitraum ohne Einnahmen zu überbrücken.
Erhält denn das PaySex- und Fetisch-Biz denn gar keine finanzielle Unterstützung vom Staat? Ist das nicht ungerecht?
Calea Toxic: Wer als Selbständiger oder Unternehmer in Deutschland ein "ordentliches Business" betreibt, dem standen auch verschiedene staatliche Hilfen zur Verfügung. Wann, wie und in welcher Höhe diese zurückgezahlt werden müssen, wird sich wohl nach dem Lockdown zeigen.
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