In Schwedens Großstädten brennen Autos: Das Kalkül eines rechten Provokateurs geht auf
Seite 2: Zeichen einer politischen Krise
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Die gewalttätigen Ausschreitungen wirken allerdings auch wie ein Symptom einer schon lange schwelenden Krise in schwedischen Großstädten, und genau darauf spekulierte Paludan vermutlich. Segregation und Bandenkriminalität sind dort ein historisch weit zurückreichendes, zunehmendes Problem, wie Meldungen über Todesopfer durch Bandenkriminalität seit Jahren bestätigen: Einwanderer aus anderen Kulturkreisen werden sich überwiegend selbst überlassen, finden ausgerechnet in dem Land, in dem es ausgezeichnete Sprachkurse für Einwanderer gibt, nicht immer die erforderliche Unterstützung.
Ausgerechnet an Integration mangelt es. Selbst Auswanderer aus dem nahen Deutschland können feststellen, dass Schweden oft sehr freundlich, auch durchaus sehr hilfsbereit sind, aber auf ihre Art auch sehr distanziert. Freundschaften finden überwiegend im Rahmen eines regen Vereinslebens statt, richtig persönlich wird es im Wesentlichen in der Kernfamilie. Eine Distanziertheit, mit der manche Schweden selbst zu kämpfen haben, wie es sich sogar in beliebten schwedischen Cartoons niederschlägt.
Zusätzlich kann bei der Jobsuche ein fremdartiger Name durchaus ein Negativpunkt sein. So wird die Bildung abgeschotteter Gemeinschaften begünstigt, wie sie auch in Deutschland als Problemherd bekannt geworden ist. Die rauschhaften Gewaltausbrüche auf Paludans Ankündigung sind daher nicht ganz überraschend, wenngleich sicher unerwartet.
Politische Auswirkungen können die Ausschreitungen aber im September entfalten, wenn die Wahlen stattfinden. Hält man sich vor Augen, dass die rechtspopulistischen Sverigedemokraterna (SD) 2018 mit 17,5 Prozent knapp hinter den konservativen Moderaterna drittstärkste Partei geworden sind, sind zwei Folgen denkbar: Zum einen, falls sie die Vorfälle für sich zu instrumentalisieren wissen, dass sie die nur wenige Prozentpunkte vor ihnen liegenden Moderaterna überholen – zumal die Moderaterna trotz aller Beteuerungen, mit den Rechten keine gemeinsame Sache machen zu wollen, zunehmend mit der SD kooperiert haben.
Dies ist vor allem dann möglich, wenn Paludans provokantes Vorgehen eher abschreckt und daher eine »gesittetere« und etablierte rechtspopulistische Partei attraktiver erscheint. Die Partei bezog entsprechend auf Sozialen Medien mit antimuslimischen Aussagen Stellung.
Andererseits könnte es aber auch sein, dass Stimmen von Rechts zu Paludans Partei abwandern und damit die Sverigedemokraterna schwächen. Ähnliches trug sich auf der anderen Seite des politischen Spektrums bei den schwedischen Grünen zu, die Stimmen an die neugegründete Partei Feministiskt initiativ verloren haben.
Noch schwerwiegender waren dort lokale Folgen, beispielsweise verlor der Ortsverband der Stadt Nora seinen Vorsitzenden, wodurch einer der aktivsten und eloquentesten Köpfe für die Grünen vor Ort verloren ging.
Paludan hat angekündigt, in Kürze wieder in Schweden auftreten zu wollen. Eines ist ihm gelungen: Sein Name ist wieder in den internationalen Medien. Schweden aber wird sich sowohl der Herausforderung eines rechten Provokateurs als auch der einer unzureichenden Integrationspolitik stellen müssen.
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