In Schwedens Großstädten brennen Autos: Das Kalkül eines rechten Provokateurs geht auf

Rasmus Paludan inszeniert bei seinen Aktionen die Verbrennung des Koran. Bild: News Oresund, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons

Rechter Politiker verbrannte öffentlich den Koran. Aktion wurde im Namen der Meinungsfreiheit genehmigt – und führte zu Randalen.

Den Koran verbrennen will Rasmus Paludan von der dänischen Partei Stram kurs. Zu diesem Anlass möchte er Demonstrationen in schwedischen Städten durchführen. Er spielt damit ein durchsichtiges Spiel: Die muslimische Bevölkerung so stark zu provozieren, dass sie genau die Bilder liefert, die er für das Bild einer barbarischen, testosteronschwangeren Religion entfesselter Barbarei wohl braucht.

Diese Bilder wiederum sollen ihm mutmaßlich dabei helfen, im September Stimmen zu gewinnen. Dann nämlich möchte er, der er die dänische und die schwedische Staatsbürgerschaft innehat, mit einem Ableger seiner Partei in Schweden zur Reichstagswahl antreten.

Schweden tat nun etwas, was aus deutscher Sicht an Naivität grenzt: Das Land genehmigte dem Politiker seine Demonstrationen. Dabei ist seine Strategie nicht neu. Schon 2019 demonstrierte er mehrfach in muslimisch geprägten Stadtteilen Kopenhagens, wo er auch schon den Koran als Provokationsmittel nutzte.

Sogar nach Berlin hatte er 2020 kommen wollen, um im Stadtteil Neukölln – einem der Stadtteile mit dem größten muslimischen Bevölkerungsanteil – den Koran zu verbrennen. Doch ihm wurde die Einreise verweigert, und auf seinen Versuch hin, dennoch nach Deutschland zu kommen, wurde er festgenommen. Anders in Schweden. Für das Osterwochenende kündigte Paludan Demonstrationen und Koranverbrennungen in Norrköping, Linköping, Örebro und Stockholm an. Selbst dort, wo er seine Ankündigung nicht wahr machte, kam es zu Ausschreitungen von »unbeschreiblicher Aggressivität«, wie ein Polizeisprecher sagte.

Der Polizeisprecher beschrieb, wie die Deeskalationsstrategie beispielsweise in Örebro, eine mittelschwedische Stadt etwa von der Größe Nürnbergs, den Gewaltausbruch eher noch begünstigte. Nach offiziellen Angaben wurden landesweit 26 Polizisten verletzt und 20 Autos in Brand gesteckt. Die für Ausschreitungen dieses Ausmaßes nach eigener Aussage unzureichend vorbereitete Polizei sah sich sogar zu Warnschüssen gezwungen.

Der Rechtspopulist hatte so schon durch seine Ankündigung sein Ziel erreicht: Vermummte dunkelhäutige Männer vor einem Flammenmeer auf Titelseiten und in Videos, darunter ein Trainer des kommunalen Kindersportprojekts von Örebro.

Landespolizeichef Anders Thornberg verdächtigte im Fernsehsender SVT kriminelle Banden als Haupttäter, denen es allein um Gewalt gegen die Ordnungskräfte ginge. Es seien keineswegs gewöhnliche Gegendemonstranten gewesen. Zudem seien sie über Soziale Medien aus dem Ausland aufgestachelt worden.

Der Justizminister betonte, dass es den Gewalttätern nicht um politische Botschaften, sondern allein um Gewalt gegangen sei. Gewalttäter müssten akzeptieren, dass es in Schweden Meinungsfreiheit gäbe, und es sei nicht an Schweden, die Meinungsfreiheit dem Missfallen einiger zu opfern.

Vielleicht ist die Genehmigung der Demonstrationen also eher ein Zeichen für eine starke Demokratie, die für Meinungsfreiheit einsteht, als für Naivität.

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