Inflation, Austritte, Alterung: Geht den Kirchen das Geld aus?
Kirchensteuer-Einnahmen in Deutschland sinken real um fünf Prozent. Der Trend hält an. Erlaubt der Vatikan deshalb eine Neuerung?
Die katholische Kirche ist zunehmend froh um alle Gläubigen, die noch Wert auf ihren Segen legen. Am Montag hat sie ihren Geistlichen offiziell erlaubt, auch homosexuelle und unverheiratete Paare zu segnen.
Zumindest mit Einschränkungen: "ohne deren Status offiziell zu konvalidieren oder die beständige Lehre der Kirche über die Ehe in irgendeiner Weise zu verändern", heißt es in einer Erklärung, die das römische Dikasterium für die Glaubenslehre am Montag veröffentlicht hat.
Ein Segen bedürfe keiner "vorherigen moralischen Vollkommenheit", heißt es unter anderem zur Begründung. Gott weise "nie jemanden ab, der sich an ihn wendet". Europaweit wenden sich aber zumindest von den Kirchen immer mehr Menschen ab, vor allem von der katholischen Kirche.
Nominal 1,5 Prozent mehr, real fünf Prozent weniger
Austritte und Alterung haben den Kirchen in diesem Jahr auch in Deutschland schwer zu schaffen gemacht. Inflationsbereinigt fallen die Kirchensteuereinnahmen 2023 um fünf Prozent geringer aus als im Vorjahr, wie Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigen.
Nominal nehmen die Kirchen 2023 zwar voraussichtlich 13,3 Milliarden Euro ein – und somit rund 1,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Rund sieben Milliarden Euro entfallen dabei auf die katholische und 6,3 Milliarden auf die protestantische Kirche. Doch die Inflation frisst die Gewinne auf – kaufkraftbereinigt bleiben fünf Prozent weniger als 2022.
Laut Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland zählten die Kirchen am Jahresende rund 900.000 Gläubige weniger als zu Jahresbeginn.
Immer mehr Gläubige gehen in Rente
Neben dem Mitgliederschwund durch Austritte macht auch der demografische Wandet den Kirchen zu schaffen: Immer mehr Gläubige gehen in Rente und zahlen somit im Durchschnitt weniger Steuern.
Die Kirchensteuer wird als Aufschlag auf die Lohn- und Einkommensteuer erhoben. In Baden-Württemberg und Bayern beträgt der Zuschlagssatz acht, im Rest der Republik neun Prozent.Bei der Austrittswelle aus den Kirchen, vor allem aus der katholischen handelt es sich um einen europaweiten Trend.
"Die Kirchenfinanzen werden keine rosigen Zeiten mehr sehen ", sagt IW-Finanzexperte Tobias Hentze. "Der wirkliche Einbruch bei den Einnahmen kommt sogar erst noch." Manche Lücken können die Kirchen mit ihren immer noch erheblichen Vermögensbeständen auffangen. Doch das reiche nicht: "Die Kirchen müssen auch stärker sparen."