Inflation: Kartoffeln sind die neuen Eier
- Inflation: Kartoffeln sind die neuen Eier
- Höherer Preisanstieg bei lebensnotwendigen Gütern
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Mehr als zehn Prozent beträgt die Inflation laut Consumer Price Index bereits in Großbritannien. Bei Nahrungsmitteln allein liegt sie höher. Einfache Lösungen sind nicht in Sicht.
Man muss sich nur zu helfen wissen. Weil die Ostereier längst zu teuer sind, gab es für britische Endverbraucher Tipps im Internet, wie sich Kartoffeln österlich bemalen lassen. Es mag ein verspäteter Aprilscherz gewesen sein, aber die Kartoffeln-statt-Eier-Maßnahme spiegelt die Nöte der britischen Landwirtschaft.
Ob Eier oder Gemüse, die Preise steigen rapide und teilweise sind die entsprechenden Ernährungsgüter nicht mehr vorhanden. In den Supermärkten werden Fotos der fehlenden Feldfrüchte in die Steigen gelegt. Auf den ersten Blick kann so die Gesellschaft den Anschein des Reichtums wahren, der Nährwert der Fotos ist allerdings gering. Zeitweilig mussten Tomaten und Salat bereits rationiert werden.
Wenn es um Inflation geht, dann taucht zuverlässig die alte Frage auf, ob die Verknappung real ist oder ein Konstrukt. Hier verläuft eine ideologische Kampflinie. Die eine Seite, die gerne annimmt, der Markt würde es regeln, sieht in den stark gestiegenen Preisen einen wichtigen Wirklichkeitsbezug. Die Waren werden einfach weniger und deshalb werden sie teurer.
Die andere Seite sieht ein Verknappungskonstrukt, bei dem mächtige Markteilnehmer die wirkliche Lage verschleiern, um höhere Preise zu erzielen. Die zugestandenermaßen schwierige Weltlage würde ausgenutzt, um die Preise zu treiben. Wäre genügend Konkurrenz vorhanden, wäre die Preissteigerung gebremst.
Für die Verbraucher im Vereinigten Königreich ist dies vermutlich eine etwas zu akademische Debatte. Sie erleben unmittelbar, dass ihr Wohlstand schwindet. Weil die hohen Preise auf die Stimmung schlagen, ist die Regierung gefordert, gegenzusteuern. Das ist aber alles andere als einfach.
Mindestens drei Faktoren machen die Situation schwierig: die Energiekrise, die schrumpfende britische Wirtschaft und natürlich der Brexit.
Ein Land schrumpft
Die Auswirkung der Energiekrise scheint am leichtesten greifbar zu sein. Steigen die Preise für Rohöl, dann steigen auch die Preise in der energieintensiven Landwirtschaft. Durch den Überfall auf die Ukraine kam es in diesem Winter zu einem teils dramatischen Anstieg der Energiekosten. Wenig Besserung ist in Sicht. Gerade erst hat die OPEC angekündigt, die Produktion zu senken. Der Preis könnte auf 90 Dollar das Barrel Rohöl steigen.
Großbritannien ist davon ganz unmittelbar betroffen, weil es einen Großteil seiner Energie importieren muss. Da sich zugleich für spanische und niederländische Agrarbetriebe das Heizen der Gewächshäuser bei derart hohen Energiepreisen nicht mehr lohnte, wurden Tomaten und Salat eben knapp.
An dieser Stelle zuckt der britische Finanzminister Jeremy Hunt gerne die Schultern. Pech gehabt mit dem Salat! So etwas kann passieren, das wird aber auch bald wieder besser, verspricht er mit amtsbedingter Zuversicht. Nur kann er nicht ganz erklären, warum es bei den anderen schneller besser geworden.
Kurz nach Ostern gab der Internationale Währungsfonds (IWF) seine Wachstumsprognosen bekannt. Alle "entwickelten" Wirtschaften wachsen leicht, selbst die russische. Zwei Ausnahmen gibt es allerdings. Ein winziges Minus für die deutsche Wirtschaft von 0,1 Prozent und eine deutlichere Schrumpfung für Großbritannien von circa 0,3 Prozent. Dies ist zwar eine Verbesserung der Vorhersage von 0,6 Prozent von vor drei Monaten, aber immer noch ein Minus – gegen den europäischen Wachstumstrend.
Jeremy Hunt liest aus den eher enttäuschenden IWF-Zahlen allerdings eine Bestätigung seiner Politik. Kein Land klettere so schnell aus dem Minus wie das UK, wobei er geflissentlich das Detail weglässt, dass die anderen gar nicht im Minus sind. Die Regierung sei somit auf dem richtigen Weg, denn die enorm hohe Inflation von über neun Prozent sei nun schon bei sechs Prozent und würde weiter fallen.
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