Insekten in Nahrungsmitteln, Nachfrage nach veganen Fleischalternativen und Sicherheitsrisiken alter Atomkraftwerke
Seite 3: Wie riskant ist der Weiterbetrieb alter Atomkraftwerke?
- Insekten in Nahrungsmitteln, Nachfrage nach veganen Fleischalternativen und Sicherheitsrisiken alter Atomkraftwerke
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- Wie riskant ist der Weiterbetrieb alter Atomkraftwerke?
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Im Artikel "Frankreich programmiert den Super-GAU" berichtet Autor Ralf Streck über Erwägungen, die Laufzeit der dortigen Atomkraftwerke auf 80 Jahre zu verlängern. Im Forum finden sich unterschiedliche Einschätzungen darüber, ob dies die Risiken für Störfälle bis hin zu einer Kernschmelze erhöht. Hierzu befindet ein User:
(…) So lange der Reaktordruckbehälter nicht kaputt geht, kann ein KKW auch 100 Jahre laufen. Und vielleicht werden das auch die KKWs in Frankreich so machen. (...)
Wenn Frankreich seinen Reaktorschrott noch 80 Jahre weiterbetreibt, führt das in diesem Zeitraum mit 80-prozentiger Wahrscheinlichkeit zu mehreren Kernschmelzen (…)
Daraufhin möchte ein weiterer User wissen, wie sich diese Zahl berechnet.
2012 haben sich Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz mit der Wahrscheinlichkeit von Kernschmelzen beschäftigt. Nach dieser Untersuchung könnte es einmal in 10 bis 20 Jahren zu einer Kernschmelze in einem der derzeit aktiven Reaktoren kommen. Zu dem Zeitpunkt waren weltweit 440 Kernreaktoren in Betrieb.
Um die Wahrscheinlichkeit einer Kernschmelze zu ermitteln, stellten die Mainzer Forscher eine einfache Rechnung an: Sie teilten die Laufzeit aller Kernreaktoren weltweit von der Inbetriebnahme des ersten zivilen Reaktors bis heute durch die Zahl der bisherigen Kernschmelzen. Die Laufzeit der Reaktoren summiert sich auf 14.500 Jahre; die Zahl der Kernschmelzen beträgt vier – eine in Tschernobyl und drei in Fukushima. Daraus ergibt sich, dass es in 3.625 Reaktorjahren zu einem GAU kommt. (…)
Max-Planck-Gesellschaft
Besonders hoch sei das Risiko in Westeuropa aufgrund der hohen Reaktordichte.
Neben der statistischen Wahrscheinlichkeit eines Super-GAUs stellt sich aber noch die Frage, ob das Risiko mit dem Alter der Reaktoren steigt. Auch hierzu ist in der Forendiskussion ein Stichwort gefallen, nämlich "Materialermüdung".
Materialermüdung findet auch außerhalb von Atomkraftwerken statt, man denke nur an marode Brücken. Die Druckbehälter von Kernreaktoren sind mit der radioaktiven Strahlung nochmal einer zusätzlichen Belastung ausgesetzt. "Die Bestrahlung verändert Materialien, weil sie Defekte in ihrer Struktur verursacht", zitiert das Wissenschaftsmagazin Scinexx den Materialforscher Charles Hirst vom Massachusetts Institute of Technology (MIT).
Hirst und Kolleg:innen hatten zu einer Methode geforscht, Veränderungen an Reaktoren frühzeitig erkennen zu können. "Der neue Ansatz zeigte, dass ein Großteil der Schäden in Reaktoren auf atomarer Ebene stattfindet und daher mit den bisherigen Methoden nur schwer zu erkennen ist", hieß es in der Pressemitteilung des MIT.
Beispielsweise an den belgischen Reaktoren Doel 3 und Tihange 2 waren mehrfach Tausende von Haarrissen in den Wänden der Druckbehälter entdeckt worden. Doel 3 ist im September 2022 endgültig vom Netz gegangen, Tihange 2 beendet seine Laufzeit zum 1. Februar 2023.