Iran: Gigantischer Ölfund, aber begrenzte Absatzmöglichkeiten
Das neue entdeckte Feld hievt den Gottesstaat von Platz vier der Länder mit den weltweit größten Ölreserven auf Platz drei
Gestern sagte der iranische Staatspräsident Hassan Rouhani in einer vom öffentlich-rechtlichen Fernsehen seines Landes übertragenen Ansprache in der zentraliranischen Stadt Yazd "dem Weißen Haus, dass es den Arbeitern und Ingenieuren [der National Iranian Oil Company] während der Tage, in denen ihr [Amerikaner] den Verkauf von iranischem Öl sanktioniert habt, gelang, mehr als 53 Milliarden Barrel Öl zu entdecken".
Das neu entdeckte Öl lagert den iranischen Angaben nach 80 Meter tief unter einem 2.400 Quadratkilometer großen Areal in der Nähe der 60.000-Einwohner-Stadt Omidiyeh. Sie liegt in der Provinz Khusistan, die früher "Arabistan" hieß. Das hieß sie nicht ohne Grund, weil dort sehr viele schiitische Araber leben, die nicht alle gerne zu Teheran gehören wollen. Dabei spielt eine Rolle, dass aus dieser Provinz bereits in der Vergangenheit der mit Abstand größte Teil des iranischen Öls kam - dort liegt auch das mit 65 Milliarden Barrel größte iranische Ölfeld überhaupt.
Saudi-Arabien überholt
Separatistische Gruppen versuchten deshalb, mit Terroranschlägen einer Ablösung ihrer Heimat aus dem persischen Staat zu befördern. So lange im angrenzenden arabischen Irak der Sunnit Saddam Hussein herrschte, stießen sie damit bei einer Mehrheit der schiitischen Araber in Khusistan auf keinen sehr fruchtbaren Boden. Nach der Beseitigung Saddam Husseins 2003 fiel für diese schiitischen Araber das Schreckensszenario einer Eroberung durch einen sunnitisch dominierten Staat weg. Entsprechend größer wurde in Teheran die Angst vor einer Abspaltung der extrem ölreichen Region, weshalb auch die Berichte über Repression zunahmen (vgl. Anschlusspläne an einen schiitischen Irak?).
Vor Rouhanis Mitteilung wurden die iranischen Ölreserven von BP auf 155,6 Milliarden Barrel geschätzt. Entspricht der neue Fund vom Volumen her den Angaben des Staatspräsidenten, hätte er diese Reserven um etwa ein Drittel vergrößert. Der Iran wäre damit auf Platz drei der Weltrangliste vorgerückt.
Sanktionen behindern Export
Was durch den Fund nicht zugenommen hat, ist die Nutzbarkeit dieser Reserven. Der Iran hat nämlich nicht die Industrie, um sie selbst vollständig wirtschaftlich zu verarbeiten, sondern muss sie in andere Länder verkaufen. Das wiederum will die aktuelle Staatsführung der USA möglichst verhindern.
Mit den von ihr im letzten Jahr verhängten Sanktionen soll erreicht werden, dass sich der schiitische Gottesstaat zu einem Nuklearkontrollprogramm bereit erklärt, welches weniger Schlupflöcher lässt (vgl. Hin und Her um ein Treffen von Trump und Rouhani). Die Sanktionen treffen nicht nur amerikanische Firmen, sondern auch solche in anderen Ländern, die mit den USA Geschäfte machen (vgl. "Das größte Problem ist, eine Bank zu finden, über die legale Iran-Geschäfte abgewickelt werden können").
Als Ersatzlieferanten für iranisches Öl empfahl das Weiße Haus diesen Ländern Saudi-Arabien die Vereinigten Arabischen Emirate und die USA. Damit abhängige Volkswirtschaften Zeit hatten, sich umzustellen, gewährte das US-Außenministerium im November 2018 China, Indien, Japan, Südkorea, Taiwan, der Türkei, Italien und Griechenland Ausnahmegenehmigungen, die am 2. Mai 2019 ausliefen (vgl. US-Außenministerium verlängert Ausnahmegehmigungen für Ölimporte aus dem Iran nicht).
Fünf dieser acht Staaten - Griechenland, Italien, Taiwan, Südkorea und Japan - stellten darauf hin ihre Ölkäufe aus dem Iran offiziell ein. Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdoğan weigerte sich, das zu tun, und verlautbarte, er habe keine Angst vor US-Sanktionen. Indien und China gingen den Mittelweg zwischen diesen beiden Reaktionen und präsentieren Washington Zahlen, denen zufolge sie ihren Ölbezug aus dem Iran deutlich reduzierten: Indien meldete im Juni eine Verringerung um 48 Prozent, China im Oktober eine um 80.
Teheran kommentierte das nicht mit genauen eigenen Exportzahlen, sondern verlautbarte, man exportiere weiter Öl, wenn auch zunehmend mit "unkonventionellen" Methoden. Eine dieser unkonventionellen Methoden könnte Medienberichten nach das Umpumpen auf malaysische Tanker sein, die den Rohstoff dann weiter als offiziell malaysisches Öl nach China verschiffen. Eine andere Methode wäre das Ausschalten des automatischen Schiffsidentifikationssignals AIS. Sie soll unter anderem von einem zeitweise unter sehr viel Medienaufmerksamkeit in Gibraltar festgehaltenen iranischen Öltanker eingesetzt worden sein (vgl. Öltanker Adrian Darya 1: Die USA drohen, Iran trickst).
Trotz solcher Tricks schätzt man, dass die iranischen Ölexporte durch die Sanktionen von zweieinhalb Millionen auf etwa 400.000 Barrel täglich abnahmen. Die iranische Wirtschaft wird dem Weltwährungsfonds zufolge deshalb 2019 voraussichtlich um neuneinhalb Prozent schrumpfen.
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