Iran hat einen Flugzeugträger - aber wahrscheinlich nur als Attrappe
Der etwas kleinere Nachbau eines Schiffs der Nimitz-Klasse könnte dazu dienen, den USA zu drohen, oder im eigenen Land Stärke zu demonstrieren
Private Fotosatellitenbetreiber, die ihre Bilder nur gegen Gebühr zur Verfügung stellen, haben in der Nähe eines Schnellbootstützpunkts der iranischen Revolutionsgarden in Bandar Abbas ein Objekt fotografiert, das aus dem Weltraum betrachtet aussieht wie ein amerikanischer Flugzeugträgers der Nimitz-Klasse. Allerdings ist es mit einer Länge von ungefähr 200 und einer Breite von etwa 50 Metern etwas kleiner als die atomgetriebenen amerikanischen Kriegsschiffe, die knapp 300 Meter lang und fast 75 Meter breit sind.
Wegen des technologischen und zeitlichen Aufwands, den der Bau eines funktionstüchtigen Flugzeugträgers erfordert, gehen Beobachter einhellig davon aus, dass es sich bei dem Objekt um eine Attrappe handelt. Dass sie so plötzlich auftauchte, könnte daran liegen, dass ihr Gerüst bereits 2015 fertig gestellt wurde. Damals übten und zeigten die iranischen Streitkräfte mit dem Manöver Großer Prophet 9, wie sie einen amerikanischen Flugzeugträger mit sprengstoffbeladenen Schnellboten, Granaten und Hubschraubern angreifen würden. Obwohl dabei echte Geschosse zum Einsatz kamen sank die teilweise hölzerne Attrappe auf einem Metallgerüst satellitenbildgestützten US-amerikanischen Militärerkenntnissen nach nicht, sondern wurde an ein Dock geschleppt.
Immer eskortiert
Die US-Streitkräfte verfügen über zehn Flugzeugträger der Nimitz-Klasse. Zwei davon, die Harry S. Truman und die Abraham Lincoln, befinden sich derzeit im Nahen Osten (vgl. Abraham Lincoln auf dem Weg Richtung Iran). Dort könnten sie theoretisch von iranischen Schnellboten und anderen Einheiten angegriffen werden. Diese müssten jedoch mit dem Problem fertig werden, dass amerikanische Flugzeugträger nie alleine unterwegs sind, sondern von Eskorten begleitet werden, deren Aufgabe es ist, Feinde auszuschalten, bevor diese zuschlagen können.
Im Regelfall besteht eine Eskorte eines Flugzeugträgers aus zwei raketenbestückten Kreuzern, zwei Zerstörern, einer Fregatte, zwei U-Booten und einem Versorgungsschiff. Weil ein ernsthaftes iranisches Manöver auch das Ausschalten all dieser Begleiter üben müsste, gehen US-Medien davon aus, dass der Iran 2015 weniger ein echtes Zerstörungsvorhaben trainieren als den Amerikanern und ihren Verbündeten drohen wollte. Vielleicht wiederholt sich das jetzt. Das würde erklären, warum der schiitische Gottesstaat die Flugzeugträgerattrappe nicht versteckt, sondern auch für private Satelliten gut sichtbar präsentiert.
Spion und/oder Sündenbock?
Vielleicht richtet sich das Spektakel, das man damit veranstalten will, auch in erster Linie an Akteure und Beobachter im Iran selbst. Das könnte auch für die am Dienstag getätigte Ankündigung gelten, dass der als CIA- und Mossad-Spion abgeurteilte Mahmoud Mousavi-Majd bald hingerichtet werden soll. In ersten offiziellen Verlautbarungen war Mousavi-Majd noch bezichtigt worden, den beiden ausländischen Geheimdiensten den Aufenthaltsort des Al-Kuds-Kommandanten Qassem Soleimani verraten zu haben.
Der Todeszelleninsasse war allerdings schon in iranischer Haft, als Soleimani im Januar bei einem US-Angriff im Irak getötet wurde. Später korrigierten sich die iranischen Behörden, der Verurteile sei zwar nicht direkt an diesem "terroristischen Akt der US-Regierung" beteiligt, aber schon "lange vor dem Märtyrertod Soleimanis" ein amerikanischer und israelischer Spion gewesen. Nun müsse er die "Konsequenzen seiner Handlungen" tragen und seine "Herren" würden "Zeugen der Entschlossenheit, der Macht und der geheimdienstlichen Fähigkeiten der Islamischen Republik".
Abgesehen von Mousavi-Majd befinden sich derzeit noch mindestens 25 Iraner in Haft, denen man vorwirft, CIA-Spione zu sein. Acht davon werden beschuldigt, Proteste gegen den Abschuss eines ukrainischen Flugzeugs organisiert zu haben, bei dem 147 Iraner ums Leben kamen. Deren Angehörige nahmen diesen versehentlichen Abschuss durch zwei iranische Flugabwehrraketen - ebenso wie viele andere Iraner - mit so begrenztem Verständnis auf, dass eine Verbindung mit amerikanischen Geheimdiensten jedoch nicht unbedingt zwingend nötig erscheint, um diese Proteste zu erklären.
Die internationale Atomenergieagentur IAEA warnte unterdessen am Freitag, dass ihr der Iran nun bereits vier Monate lang keinen Zugang zu seinen Atomanlagen mehr gewährt hat. Teheran lehnt dies ab, weil das Abkommen, das dies vorsieht, seiner Lesart nach seit dem Inkrafttreten der neuen amerikanischen Sanktionen auf westlicher Seite nicht mehr erfüllt wird.
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