Israel fliegt äthiopische "Falash Mura" aus

Der jüdischstämmige anglikanische Missionar Henry Aaron Stern überredet äthiopische Juden dazu, sich taufen zu lassen. Illustration aus seinem 1862 erschienenen Buch Wanderings Among the Falashas in Abyssinia

Bei der bislang im Bürgerkriegsland verbliebenen Gruppe handelt es sich um die Nachkommen äthiopischer Juden, die im 19. und 20. Jahrhundert zum Christentum konvertierten

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Gestern begrüßte der israelische Premierminister Benjamin Netanyahu zusammen mit seinem Koalitionspartner Benny Gantz auf dem Ben-Gurion-Flughafen in Tel Aviv die ersten 316 von etwa 2.000 Falash Mura aus Äthiopien. Dass diese jüdischstämmige Gruppe so lange in Afrika verblieb, hängt damit zusammen, dass ihre Vorfahren im 19. Und 20. Jahrhundert zum Christentum konvertiert waren.

In Israel gab es deshalb eine lange Debatte, ob und unter welchen Bedingungen man diese Rückkehrer zur Judentum einreisen lassen soll. Dass die israelische Staatsführung am 12. Oktober entschied, etwa 2.00 von insgesamt 16.600 Falash-Mura-Bewerber aufzunehmen, könnte auch vom neuen Bürgerkrieg in Äthiopien beeinflusst gewesen sein, der sich damals bereits abzeichnete (vgl. Äthiopien: Weg frei für den Bürgerkrieg).

Operation Moses

Auf ihrem Flug nach Israel wurden die Falash Mura von der israelischen Einwanderungsministerin Pnina Tamano-Shata begleitet - der ersten israelischen Ministerin, die aus Äthiopien stammt. Sie kam 1984 im Rahmen der "Operation Moses" ins Heilige Land, für die der Mossad mit der Fassade einer schweizerischen Firma eine italienische Investitionsruine an der Küste des Sudan gemietet und zu einem Tauchtouristenresort ausgebaut hatte.

Über diese Fassade schmuggelte man etwa 14.000 äthiopische Juden, die zu Fuß in den Sudan kamen, nach Israel. Legal dorthin ausreisen konnten sie unter der damals in Addis Abeba herrschenden Derg-Militärregierung nicht. Und der Sudan war damals weit von seinen nun normalisierten Beziehungen zu Israel entfernt, weshalb die vier Jahre lang laufende Operation im Geheimen stattfinden musste. Mittlerweile wurde sie als Red Sea Diving verfilmt.

Operation Salomon

1984, als die nicht nur dürre-, sondern auch bürgerkriegsbedingte Hungersnot in Äthiopien katastrophale Ausmaße angenommen hatte, überredeten Ronald Reagans Diplomaten den damaligen sudanesischen Präsidenten Jaafar Nimeiri, äthiopische Juden über den Flughafen Khartoum auszufliegen. Dafür versprach man ihm neben amerikanischem Steuergeld auch absolute Geheimhaltung. Bis der Handel in die Presse gelangte und Nimeiri die Aktion mit Rücksicht auf andere arabische Länder stoppte, gelangten dadurch weitere 6.380 äthiopische Juden via Brüssel nach Tel Aviv.

1991, als der Bürgerkrieg seinen Höhepunkt erreichte, flogen die Israelis mit der Operation Salomon 14.000 Juden direkt aus Äthiopien aus. Der Exodus ging aber auch nach dem Machtwechsel in Addis Abeba weiter, so dass Ende der 1990er Jahre etwa 90,000 äthiopische Juden in Israel lebten. Heute sind es mit ihren Nachkommen ungefähr 130.000.

Juden aus Uganda dürfen bislang nur als Besucher nach Israel kommen

Juden aus Uganda dürfen dagegen bislang nur als Besucher nach Israel kommen: Im Unterschied zu den äthiopischen Juden, deren Ursprung im Dunkel einer lange zurückliegenden Geschichte verborgen liegt, lässt sich die der Abayudaya nämlich recht konkret zurückverfolgen: Bis in das Jahr 1919, als der protestantisch missionierte ugandische Feldherr Semei Kakungulu die Bibel las und dabei am Alten Testament mehr Gefallen fand als am Neuen.

1921 postulierte Kakungulu dann ganz explizit, das der "richtige Weg zu Gott", der der Juden sei. Seinen Anhängern lehrte er, "Yakuwa" nicht "Mukama", den Herrn, zu nennen, um ihn nicht mit Jesus Christus durcheinanderzubringen. Anstatt ihre Kinder zu taufen, beschnitten sie nun ihre Söhne. Statt des Sonntags heiligten sie den Samstag. Sie beachteten die jüdischen Speise und Reinheitsvorschriften, lernten neben Luganda, Lusoga, Lugwere und Englisch Hebräisch und begannen sogar, statt des lateinischen das hebräische Alphabet zu benutzen. Und all das hielten sie auch unter Idi Amin durch.

Mehr Erfolg in ihren Bemühungen um Anerkennung hatten die tibetobirmanischen Chin-Kuki-Mizo aus Nordindien, denen ein Häuptling 1951 offenbarte, er habe im Traum erfahren, dass sie einer der verlorenen Stämme Israels seien und deshalb den jüdischen Ge- und Verboten folgen müssten. In ihrem Fall entschied sich der sephardische Chefrabbi Shlomo Amar 2005, diese Geschichte trotz fehlender genetischer Anhaltspunkte zu glauben und ihnen damit als "Bnei Menashe" ein Einwanderungsrecht zu gewähren. Davon machten bislang mehrere Tausend Gebrauch.

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