Ist Mosul befreit?
Das IS-Kalifat im Irak ist am Ende, der Krieg aber noch längst nicht
Die Erklärung des irakischen Regierungschefs gestern, dass Mosul befreit und der IS-Staat beendet sei, war vorschnell. Das hatte jedem klar sein müssen. Auch wenn der Islamische Staat keinen Quadratmeter mehr in Mosul kontrolliert, wäre er nur im Untergrund abgetaucht und nicht verschwunden (Mosul: Ende des "Fake-IS-Kalifats" erklärt). Auch in anderen "befreiten" Gebieten und Städten fanden weiterhin Anschläge und Angriffe statt.
Das Kalifat als Territorium ist dem Untergang vorerst geweiht,aber die Kämpfe im Irak werden weitergehen, weil die grundsätzlichen Probleme zwischen den Bevölkerungsgruppen der Schiiten, Kurden und Sunniten nicht gelöst sind. Selbst wenn sich der Islamische Staat im Irak auflösen sollte, würde wahrscheinlich eine andere sunnitische Terrorgruppe an deren Stelle treten, zudem gibt es noch den sunnitischen Widerstand durch Anhänger Saddam Husseins und der Baath-Partei, die wesentlich dazu beitrugen, dass der IS sich so im Irak ausbreiten konnte.
Sicherheitshalber hatte der IS bereits die al-Nuri-Moschee, in der sich al-Baghdadi 2014 zum Kalifen erklärte, gesprengt, um den irakischen Truppen den Triumph zu vermasseln, dort die Fahne wehen zu lassen. Es wurde allerdings behauptet, dass US-Flugzeuge die Moschee zerstört hätten. Zudem setzten die vermutlich wenigen zurückgebliebenen IS-Kämpfer der irakischen Propaganda Offensiven in Mosul entgegen, die zeigen, dass der IS dort noch nicht vertrieben ist, auch nicht in Stadtvierteln wie al-Jadida, die schon länger "befreit" sind und in die Einwohner zurückgekehrt sind. IS-Kämpfer tauchten dort auf und starteten Angriffe, auch in al-Tanak, Rajim Hadid oder Yarmouk, bei denen Zivilisten und Sicherheitskräfte getötet wurden. Auch im schon länger "befreiten" Ost-Mosul kommt es immer wieder zu Ansachlägen.
Wie in Raqqa hat der IS in Mosul die Stadt mit einem Netzwerk an Tunnels unterhöhlt, von denen aus überraschend Angriffe geführt werden können. Auch außerhalb von Mosul sind IS-Kämpfer unterwegs und haben beispielsweise einen Bus mit schiitischen Milizen der Hashd al-Shaabi angegriffen. In Mosul sind offensichtlich bei den Kämpfen nicht nur IS-Kämpfer, sondern auch viele Zivilisten und irakische Soldaten und schiitische Milizen getötet worden. Zahlen gibt die irakische Regierung nicht bekannt, es dürfte sich auf allen Seiten um eine Schlächterei handeln, bei der ungezählte Menschen sterben.
Noch sitzt der IS in den Stadtvierteln al-Maydan, Serjkhana und Ras al-Khour fest, sagte Abdul-Ghani al-Assadi, der Kommandeur der Elitetruppen CTS. Aber man muss sich nur daran erinnern, dass al-Qaida im Irak praktisch ausgelöscht war, nachdem die USA Sunniten dafür bezahlten, für lokale Sicherheit zu sorgen. Als dann die schiitische dominierte Regierung dieses Programm stoppte und die Sunniten, unter Saddam Hussein privilegiert, diskriminierte, entstand aus den versprengten Resten mit Rückhalt unter den Sunniten der Islamische Staat.