Ist der Anfang vom Ende des Ukraine-Kriegs gekommen?

Seite 2: Baerbock spürt Widerstand gegen westliche Ukraine-Politik

Denn der russische Angriff auf die Ukraine hat die Weltwirtschaft massiv getroffen. Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln schätzt die globalen Produktionsausfälle allein im Jahr 2022 auf rund 1,6 Billionen US-Dollar. Das geht aus Daten des IWF hervor. Für das laufende Jahr sei mit weiteren Ausfällen von bis zu einer Billion US-Dollar zu rechnen. Rund 40 Prozent der Schäden entfallen auf Schwellen- und Entwicklungsländer.

Dort stößt die blindgläubige militärische Unterstützung der Ukraine vor allem durch Nato-Staaten daher auf wenig Gegenliebe. Das bekam Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in dieser Woche erneut zu spüren. Als sie in Brasilien für den deutschen Ukraine-Kurs warb, fehlten zwei wichtige Adressaten: Präsident Luiz Inácio Lula da Silva und Außenminister Mauro Vieira hatten keine Zeit für den Gast aus Berlin. Ein diplomatischer Schuss vor den Bug.

Auch in Kiew ist zu spüren, dass der Widerstand gegen den Krieg stärker wird. Versuche des ukrainischen Außenministers Dmytro Kuleba, mehr Unterstützung der Entwicklungs- und Schwellenländer für den Krieg gegen die russischen Invasoren zu gewinnen, blieben weitgehend erfolglos.

Lula plädierte zuletzt vielmehr für eine internationale Vermittlung durch einen "Club of Peace". Dieser Staatengruppe sollen nach seinen Plänen auch Indien, Indonesien und China angehören. Öffentlich kritisierte er die Militärhilfe der Nato und verbündeter Staaten.

Damit wächst der Druck auf die Ukraine, militärisch Fakten zu schaffen. Die so wichtigen, aber bislang ausbleibenden Erfolge schüren Verzweiflung und Radikalismus. Ausdruck dafür sind die Vorstöße nach Westrussland und die wiederholten Angriffe loser ukrainischer Verbände auf die grenznahe russische Oblast Belgorod.

Im Westen sorgen diese Aktionen zunehmend für Unverständnis. So distanzierte sich das US-Außenministerium von den Angriffen, auch wenn man Kiew offiziell noch freie Hand lässt.

Deutsche Leitmedien von Spiegel bis taz berichten derweil offen über die rechtsradikale Gesinnung einzelner Milizionäre wie Denis Nikitin. Bisher waren es vor allem Medien abseits des medialen Mainstreams, die über rechtsextreme Tendenzen in Teilen der ukrainischen Landesverteidigung informierten – und denen dafür nicht selten Kreml-Nähe vorgeworfen wurde.

Doch das Narrativ ändert sich. Darauf deutet auch ein Bericht der US-Tageszeitung Washington Post hin, wonach US-Geheimdienste davon ausgehen, dass ukrainische Militärs direkt für den Angriff auf die Nord Stream-Pipelines verantwortlich sind.

Je stärker die Kritik wird, desto entschlossener werden offizielle und inoffizielle ukrainische Verbände versuchen, das Ruder herumzureißen. Dass sie dabei auch westliche Waffen einsetzen, war absehbar.

Samuel Charab, leitender Politikwissenschaftler bei der US-amerikanischen RAND Corporation, schrieb daher im Magazin Foreign Affairs einen beachtlichen Satz. Es sei jetzt an der Zeit, "dass die Vereinigten Staaten eine Vision dafür entwickeln, wie der Krieg endet. Fünfzehn Monate Kampf haben deutlich gemacht, dass – auch mit externer Hilfe – keine Seite dazu fähig ist, einen entscheidenden militärischen Sieg zu erzielen."

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