Ist die EU eine "Hochsicherheitszone"?

Legal, illegal - alles egal (gleich) im Europa ohne Grenzen?

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Durch die Freizügigkeit der Reisenden innerhalb der EU ist es den Bürgern möglich, von einem EU-Mitgliedsland in das nächste zu reisen, ohne dabei einem Grenzkontrolleur Auskunft über die eigene Identität oder Mitbringsel zu geben. Natürlich nur, wenn beide Länder dem Schengener Abkommen zugestimmt haben. Nicht alle EU-Staaten sind dem Schengener Abkommen beigetreten, dafür gibt es auch Nicht-EU-Staaten, die aufgrund des Schengener Abkommens keine Grenzkontrollen für EU Bürger vorsehen.

Prinzipiell scheint das Abkommen eine gesegnete Einrichtung für die Bürger zu sein. Wem sind Kontrollen nicht lästig? Wie aber ist es um die Sicherheit der Bürger gestellt? Nützt die Freizügigkeit nicht auch den Kriminellen, wie die aktuelle Visa-Affäre zeigt?

Doch nicht nur die organisierten Menschenhändlerbanden können von der Freizügigkeit profitieren. Jede sicherheitsrelevante Schwachstelle eines Schengenmitgliedsstaats kann durch die Freizügigkeit auch die übrigen Staaten betreffen.

Kalashnikov Saiga - diese Waffe wird in Griechenland verkauft

Im aktuellen Beispiel geht es um Schusswaffen. Seit dem Erfurter Amoklauf wurde das in Deutschland geltende Waffengesetz verschärft. Es sollte demnach schwieriger sein, an Schusswaffen zu gelangen. Doch ist die Hintertür über andere EU-Schengenstaaten offen.

Deutschland: Mit Jagdschein gibt es den Waffenbesitzschein. Dann kann die Schusswaffe gekauft werden

Dass die griechische Justiz nach anderen Maßstäben arbeitet, als es in Deutschland üblich ist, haben nicht zuletzt die derzeitigen Justiz- und Kirchenskandäle gezeigt. Es ist sicher in vielen Staaten möglich, als Krimineller unterzutauchen. Wer aber kann sich vorstellen, dass der Untergetauchte zum Waffenhändler und Lieferanten der Polizeibehörden, die ihn eigentlich verfolgen sollten, avanciert? Was Wunder, wenn diese Polizeibehörden bei der Erteilung von Waffenbesitzkarten ähnlich leichtfertig sind.

Waffenhändler sollten eigentlich sehr gut kontrolliert werden, bevor man ihnen eine Lizenz erteilt. Wenn Waffenhändler bereits zu lasch kontrolliert werden, wie sieht es bei den Waffenkäufern aus?

Und in der Tat, es ist in Griechenland leider sehr einfach, eine Schusswaffe zu erwerben. Dies, obwohl der Staat angeblich sämtliche nur erdenklichen Schritte unternommen hat, um 2004 sichere olympische Spiele auszutragen. Auch der furchtbare Terroranschlag in Madrid hat nichts am derzeitigen Status Quo geändert, obwohl spätestens seit diesem Anschlag allen klar sein sollte, dass der Terrorismus überall zuschlagen kann.

Wer in Deutschland eine Schusswaffe erwerben möchte, muss vorher einen Grund für den Besitz der Waffe nachweisen sowie seine Befähigung zum Besitz einer Waffe unter Beweis stellen. Ein potentieller Jäger muss demnach erst den Jagdschein erwerben und kann danach eine Waffenbesitzkarte beantragen.

Griechenland: Die frisch gekaufte Waffe in der Hand berechtigt zum Besitzschein und der zum Jagdschein

Anders der Usus in Griechenland: Die griechischen Behörden erteilen keinen Jagdschein, falls noch kein Waffenschein erteilt wurde. Es ist auch nicht möglich, eine Bestätigung über die erfolgreich abgelegte Jagdscheinprüfung zu erhalten. Erst bei Vorlage der Waffenbesitzkarte wird der Jagdschein erteilt.

Wie aber wird eine Waffenbesitzkarte erteilt? Ganz einfach, man beantragt sie bei der lokalen Polizeibehörde. Um allerdings einen Antrag zu stellen, muss eine schussfähige Waffe mitsamt dem Kaufbeleg vorgelegt werden. Richtig gelesen, erst wird die Waffe unter Vorlage eines Personalausweises erworben, dann muss die Waffe, die Rechnung über deren Kauf und der Personalausweis zur Polizeibehörde gebracht werden.

Das Maschinengewehr AK 47, bei uns gemeinhin "Kalashnikov" genannt - die bekannteste Kalashnikov-Waffe. Man beachte die Ähnlichkeit mit dem Modell Saiga: Nur das der Jagd dienliche Zielfernrohr fehlt

Es ist nicht üblich, dass dem Antragsteller die Waffe am Eingang abgenommen wird. Es empfiehlt sich aber, Schusswaffen in einer Verpackung oder Tasche mit zu führen, da ansonsten selbst die oft phlegmatischen Wachen vor der Polizeibehörde etwas hektisch reagieren.

Mit der Waffe in der Hand wird man angehalten, das zuständige Dezernat im Gebäude selbst "ohne Begleitung" aufzusuchen. Dort dann der nächste Schreck, "Pack die Waffe aus!". (Griechische Beamten duzen in der Regel jeden Bürger, falls das noch nicht bekannt ist. Umgekehrt sollte man es aber beim "Sie" belassen.)

Die Waffennummer wird notiert, der Personalausweis zwecks Überprüfung eventueller Vorstrafen fotokopiert und der Antragsteller wird dazu aufgefordert einen Nachweis über die geistige Gesundheit nachzureichen. Die Waffe verbleibt bis zur endgültigen Klärung der Waffenbesitzeignung im Besitz des Antragstellers. Natürlich belehrt der Beamte diesen mit den Worten, "Solange die Waffenbesitzkarte nicht erteilt ist, hast Du eine illegale Waffe!".

Die Waffe kann in der Regel nicht in der Polizeiwache hinterlegt werden, allerdings wird dem Antragsteller versichert, dass er bei einem eventuell erfolgenden Gerichtsverfahren wegen unerlaubtem Waffenbesitz mit einem Freispruch rechnen könne, sofern er bis zum Verfahren die Waffenbesitzkarte vorweisen kann. Ein Gerichtsverfahren ist zwangläufig nötig, wenn der Antragsteller bis zur Erteilung der Waffenbesitzkarte von einem Beamten wegen dem Waffenbesitz kontrolliert wird oder die Waffe jemandem auffällt, der seinerseits die Behörden informiert.

Über die psychologische Untersuchung, die aus Sicherheitsgründen (private Ärzte wären potentiell bestechlich) nur in staatlichen Kliniken erfolgt soll hier nicht berichtet werden.

Interessant ist allerdings, dass der Antragsteller den psychologischen Test bestanden, den Besuch bei der Polizei überstanden und die Waffenbesitzkarte erhalten hat obwohl er zum Zeitpunkt der Antragstellung folgendes Aussehen hatte:

  1. Rasiertes Kopfhaar.
  2. Enge, leicht zerrissene Jeans
  3. Springerstiefel
  4. Ein T-Shirt mit aufgedrucktem Totenkopf

Eventuell hat keiner der Beamten das Aussehen mit der Skinheadszene, die auch in Griechenland aktiv ist, in Verbindung bringen können, denn der Antragsteller "unser Versuchskaninchen" war in Begleitung eines Arabers libanesischer Abstammung, mit dem er sich selbstverständlich auch unterhielt. Die Unterhaltungen wurden auf Deutsch und in bruchstückhaftem Arabisch durchgeführt.

Sowohl der Antragsteller als auch der Araber sind dem Autor persönlich bekannt, ihre Identität bleibt ebenso unveröffentlicht, wie der Ort der Polizeistation, da die derart bloßgestellten Beamten ansonsten allergisch reagieren könnten. Denn Falschparken kostet in Griechenland ab 65 Euro aufwärts und wird eventuell sogar mit 20-tägigem Führerscheinentzug bestraft. Die Diskussion darüber, wann jemand falsch parkt oder einen anderen Verkehrsverstoß begeht, ist müßig im Land der olympischen Götter. Wo sonst kann jemand einen Bußgeldbescheid über das "Überfahren einer gelben Ampel" vorweisen?

Noch Fragen zum "sicheren, vereinten Europa"?