Italien setzt zur Rettung der Krisenbanken an

Seite 2: Steuerzahler wird trotz Bankenabwicklungsmechanismus zur Kasse gebeten

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Doch zurück nach Italien, wo der Fall der Monte dei Paschi eigentlich zum Lackmustest für den Bankenabwicklungsmechanismus (Single Resolution Mechanism, SRM) werden sollte. Der sieht seit Januar 2015 einheitliche Regeln für eine geordnete Abwicklung oder Sanierung der europäischen Banken unter Beteiligung der Gläubiger vor. Und mit dem SRM wurde unter anderem die europäische Bankenunion begründet. Behauptet wurde damit - die nächste Beruhigungspille -, dass in Zukunft der Steuerzahler nicht mehr für Bankenrettungen zur Kasse gebeten werden würde.

Dass das stets unglaubwürdig war, wurde auf Telepolis auch herausgearbeitet. Im Fall der MPS wird schon eifrig in Rom an Vorstellungen gearbeitet, wie die Beteiligung der Gläubiger ausgehebelt werden kann. Die großen Anleger können ohnehin praktisch nicht mehr herangezogen werden. "Seitdem die Bank in den Schlagzeilen ist, ziehen Kunden ihre Gelder ab, um sie in Sicherheit zu bringen", hat die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) festgestellt. Allein in den vergangenen paar Monaten sollen Einlagen im Umfang von bis zu sechs Milliarden Euro abgeflossen sein. So kommt die Zeitung zur richtigen Erkenntnis und titelt: "Jetzt wird das Zaudern teuer."

Die Aktionäre konnten sich längst zurückziehen. Seit Jahresbeginn haben die Aktien der Bank aus der toskanischen Stadt, mit dem wunderschönen runden Platz, an der Börse in Mailand etwa 90% ihres Werts verloren. Der Aktienkurs stürzte am Donnerstag erneut ab, weshalb der Handel der Aktien ausgesetzt wurde. Erstmals seit dem Börsengang im Jahr 1999 fiel die Aktie unter die Schranke von 16 Euro, bevor in Rom entschieden wurde, der Bank erneut mit Staatshilfen unter die Arme zu greifen. Die MPS, die 25.000 Mitarbeiter hat, ist an der Börse gerade noch 500 Millionen Euro wert.

In diese Bank sollen jetzt erneut Milliarden fließen, obwohl sogar angesichts immer neuer Finanzlöcher in den Büchern unklar ist, ob die geplanten 20 Milliarden ausreichen werden. Es drängt sich, auch was der Umgang mit den Zahlen und versteckten Risiken in den Büchern angeht, der Vergleich zu Spanien und der großen Bankia auf. Die Rettungssummen wurden bei der viertgrößten spanischen Bank 2011 ständig höher und höher geschraubt. Die Regierung veranschlagte zunächst bis zu 7,5 Milliarden. Schließlich wurden es mehr als 22 Milliarden Euro und Spanien musste wegen Bankia teilweise unter den Rettungsschirm schlüpfen, weil es das Geld nicht aus eigener Kraft aufbringen konnte.

Eine Besonderheit, die Spanien und Italien verbindet, sind auch die nachrangigen Beteiligungen. Sie wurden Sparern meist in völliger Unkenntnis, um welche gefährlichen Produkte es sich handelt, von spanischen Banken wie Bankia oder auch von italienischen Banken wie Monte dei Paschi angedreht. Das geschah in Spanien meist in betrügerischer Absicht, wie Gerichte in zahlreichen Urteilen zu den "preferentes" längst festgestellt und die Rückzahlung der Einlagen angeordnet haben. Ähnlich sieht es in Italien aus. Bei der MSP gibt es etwa 40.000 kleinere Anleger, die nun ihre Ersparnisse im Umfang von etwa zwei Milliarden in der Bank stecken haben und sie nicht herausziehen können.

Die dienen nun aber wiederum der Regierung dazu, die nach den Richtlinien zur Bankenabwicklung und Bankensanierung vorgesehene Gläubigerbeteiligung auszuhebeln. Es klingt ehrenwert, wenn die Regierung nicht nun ausgerechnet diese Kleinanleger für die Rettung zur Kasse bitten will, nachdem sie den großen Fischen in den letzten Monaten über ihr Vorgehen viel Zeit gelassen hat, um sich aus der Bank herauszuziehen, um einer Beteiligung an der Rettung zu entgehen. Verdeckt wird darüber auch die politische Verantwortung dafür, dass aus Rom gegen das absurde Treiben nicht einmal eingeschritten wurde, nachdem die verheerenden Ergebnisse aus Spanien bekannt waren.

Über einen Trick, geplant ist, dass der Staat die Kleinanleger herauskauft, soll vor absehbaren Neuwahlen nun vor allem der politische Suizid vermieden werden. Denn insgesamt sollen die Italiener bis zu 200 Milliarden Euro in solchen Anlagen bei den verschiedenen Banken stecken haben. Würden die 40.000 Kleinanleger bei der MPS nun ihr Geld wie über den SRM eigentlich vorgesehen verlieren, würde das für einen politischen Sturm ungekannten Ausmaßes sorgen. Schon als im vergangenen Herbst etwa 10.000 Sparer bei kleineren Genossenschaftsbanken etwa 360 Millionen Euro verloren, gab es große Proteste, nachdem auch einige Betroffene Selbstmord begangen hatten. Schon deshalb wird es nun eine Rettung geben, an der die Gläubiger wieder nicht beteiligt werden.

Und so kann die Berliner taz in einem Kommentar auch richtig feststellen, dass diese Bankenrettung zeige, dass die Finanzlobby gesiegt habe. "Damit ist die europäische "Bankenunion" von 2014 gleich am ersten Realitätstest gescheitert. Denn sie sah eigentlich vor, dass zunächst die Aktionäre und Gläubiger einspringen sollen, wenn eine Bank in Schieflage gerät." Und tatsächlich ist das keine Überraschung. Von Anfang an war abzusehen, dass es nicht funktionieren würde, die Gläubiger zahlen zu lassen. "Die 'Bankenunion' war eine Farce. Sie sollte nur kaschieren, dass es den europäischen Politikern nicht gelungen ist, sich gegen die Finanzlobby durchzusetzen: Das Eigenkapital der Banken ist immer noch viel zu niedrig, um Verluste aufzufangen. Also wurde die Mär verbreitet, dass ja auch die Gläubiger haften könnten, falls es zu einer Bankpleite kommt."