Japan - kein Wintermärchen

Seite 3: Gegenmittel: Tische mit Heizspiralen oder elektrisch beheizbare Ganzkörperanzüge

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Trotz des Ausdauertrainings seit frühester Kindheit und einer gewissen Anpassung des Stoffwechsels und trotz der Beteuerungen vieler Japaner, dass sie mit ihren Wohnverhältnissen zufrieden sind - auch sie frieren. Die Industrie kommt mit einer Vielzahl von Lösungen zur Hilfe.

Am beliebtesten ist der Kotatsu, ein niedriger Tisch mit einer Heizspirale darunter. An der Tischplatte wird eine Steppdecke befestigt, diese legt man sich auf den Schoß, der Unterleib wird dadurch warm gehalten. Rund um den Kotatsu wird der ganze Tagesablauf organisiert: es wird gegessen, ferngesehen, gespielt, oft schläft man darunter ein. Der Raum rundherum bleibt kalt, will man etwa am Computer schreiben, bedient man sich Handschuhe mit abgeschnitten Fingerlingen.

Bild: Marcin Pietraszkiewicz

In Fachmärkten werden elektrisch beheizbare astronautenähnliche Ganzkörperanzüge angeboten, sowie eine Vielzahl von elektrisch betriebenen Gadgets und Heizgeräten. Millionen Japaner verheizen Kerosin, Gas, oder Öl, verbrauchen Strom in großen Mengen, sitzen auf elektrischen Heizteppichen in Heizdecken eingehüllt, erledigen ihre Notdurft auf beheizter Klobrille: energieintensive, aber letztlich wenig wirksame Maßnahmen.

Dabei würden Maßnahmen in höhere Energieeffizienz, eine gedämmte Gebäudehülle, moderne dichte Fenster und eine effiziente Heiztechnik das Problem lösen. Die hohe Luftfeuchtigkeit, die an einigen Monaten im Jahr für Probleme mit Schimmelbildung sorgt, aber durch eine aktive Ventilation und zeitgemäße Wandbauweise kontrolliert werden kann, sollte für technologieverliebte Japaner kein unlösbares Problem sein. Zumal eine kleine, aber wachsende Passivhaus-Bewegung beweist, dass dies auch in Japan möglich ist. Doch solange Baufirmen diese Entwicklungen ihren Kunden vorenthalten und seitens der Regierung, der Energielobbys, der Medien und der Zivilgesellschaft kein ökologisches Bewusstsein im Bereich des Wohnbaus entwickelt wird, wird sich an dieser Situation wenig ändern.