Kalifornien: Wie die Tech-Elite die Kultur neu definiert
Seite 2: Den Staat eher abschaffen: Dafür mehr Technologie
Diese Mischung aus Libertinismus und technologischem Determinismus, findet sich auch in Lands "Philosophie". Auch eher würde den Staat als solchen gerne abgeschafft sehen, da er die Entfaltung und Herrschaft seiner außergewöhnlichen Individuen behindert; an seine Stelle tritt dann Technologie als Organ sozialer Ordnung und Gestaltung, ja sogar der Mensch an sich soll durch sie zum kybernetischen Wesen werden.
An der Spitze dieser Ordnung stehen jene außergewöhnlichen Individuen, welche die existierenden Technologien am besten beherrschen, ergo Tech-CEOs.
Peter Thiels Ideen
Kein Wunder also, dass Peter Thiel von Lands Ideen relativ angetan scheint. Zumindest äußerte Thiel während einer Vorlesung in Stanford im Jahr 2012 Überzeugungen, welche sich von den in "Der Dunklen Aufklärung" vertretenen Ansichten nicht weit unterscheiden:
Die Wahrheit ist, dass Start-ups und Gründer zur diktatorischen Seite neigen, weil diese Struktur für Start-ups besser funktioniert. Es ist mehr Tyrann als Mob, weil es so sein sollte. In gewissem Sinne können Startups keine Demokratien sein, weil sie es nicht sind.
Sie sind es nicht, weil sie nicht funktionieren. Wenn man versucht, alles einem Abstimmungsprozess zu unterwerfen, wenn man versucht, etwas Neues zu machen, wird man am Ende zu schlechten Ergebnissen kommen, die dem kleinsten gemeinsamen Nenner entsprechen.
Peter Thiel
Auch Nick Lands Überlegungen bezüglich der Kybernetik scheinen Peter Thiel zuzusprechen. Kürzlich gab der Tech-Milliardär und Risiko-Investor bekannt, dass er die ersten Olympischen Spiele veranstalten wolle, die Doping nicht nur erlauben, sondern sogar aktiv fördern sollen.
Zudem unterstützt Thiel direkt einen der bekanntesten Proponenten der "Dunklen Aufklärung", Curtis Yarvin. Laut einem 2012 in The Baffler erschienenen Artikel investiert Peter Thiel gezielt in die Start-ups des in der Szene als "Mencius Moldbug" bekannten Blogger und Softwareingenieur.
Wie gefährlich ist die Theorie der Dunklen Aufklärung?
Die sogenannte Theorie der dunklen Aufklärung ist aus den gleichen Gründen gefährlich wie ungefährlich. Ungefährlich ist die Theorie aufgrund ihrer beschränkten Reichweite, da die meisten Menschen wohl kaum einen Grund sehen, sich der Herrschaft der Technologie und ihren CEOs zu unterwerfen, abgesehen von einer kleinen Gruppe Tech-Milliardäre oder erfolgreichen Startup-Unternehmern.
Gefährlich ist sie, weil sie genau diese CEOs anspricht und ihren Instinkten entspricht, menschliches Leben wie ein Start-up organisieren zu wollen. Leider sind es genau diese Menschen, die das Geld und die Macht haben, ihre Ideen und Ideologien zumindest teilweise Wirklichkeit werden zu lassen.
Verankerung in der Pop-Kultur
Die Ideologie der STEM -Supremacy und ihr Einfluss auf Pop-Kultur ist kein neues Phänomen, besonders nicht Kalifornien.
Nick Lands CEO-Könige unterscheiden sich kaum von den Sci-Fi-Helden John W. Campbells und anderer Schriftsteller des "Goldenen Sci-Fi Zeitalters", die stereotypischen "Competent Men", - Charaktere wie Marvels Iron Man.
Heute sind die einst von Sci-Fi-Autoren prophezeiten großen Männer längst hier. Sie heißen Musk, Thiel und Zuckerberg und bevölkern eine Realität, die mit der unsrigen wenig gemein hat.
Nick Lands Prophezeiungen sind also Wirklichkeit geworden, nur mit viel banaleren Protagonisten, als es sich der mittlerweile 62-Jährige jemals hätte ausmalen können.