Kausalität gerettet
Die Quantenphysik verhindert anscheinend Zeitreisen in die Vergangenheit mit dem Zweck, die Geschichte in weiten Teilen neu zu schreiben
Angenommen, Zeitreisen in die Vergangenheit wären möglich, was spräche dagegen, die Patentanmeldung des Bipolartransistors oder des Lasers unter eigenem Namen um ein Jahr vorzuziehen? Anscheinend verbietet die Quantenphysik jedoch das Umschreiben der Weltgeschichte – allerdings nicht die Zeitreise selbst, die somit allerdings ihren Reiz verlöre.
Zeitreisen in die Zukunft sind eine alltägliche Sache, mehr als einige Nanosekunden sind jedoch mit dem heutigen Stand der Technik noch nicht möglich. Wie sieht's nun in der Gegenrichtung aus? Wie der theoretische Physiker Paul Davies von der Universität Sydney im Jahr 2002 im Scientific American berichtete, hatte der Mathematiker Kurt Gödel im Jahr 1948 den Physiker Albert Einstein gefoppt: Gemäß den beiden Relativitätstheorien seien Zeitreisen in die Vergangenheit denkbar. Im Jahr 1948 waren beide am Institut für fortgeschrittene Studien der Eliteuniversität Princeton tätig. Einstein soll wegen dieser Kuriosität beunruhigt gewesen sein.
Falls dem so wäre, so gälte das Kausalitätsprinzip nicht mehr, welches verlangt, dass eine Ursache ihrer Wirkung vorauszugehen habe. Den Unterschied zwischen Vergangenheit und Zukunft – also die Richtung des Zeitpfeils – legt nach heutiger Kenntnis allein der zweite Hauptsatz der Thermodynamik fest.
Wären Zeitreisen in die Vergangenheit möglich, so könnte ein Zeitreisender auf die Idee kommen, seine eigene Geburt zu vereiteln. Wie ließe sich nun dieses Paradoxon auflösen? Davies spekulierte vor drei Jahren bereits, Quantenprozesse könnten die Kausalität retten.
Der New Scientist berichtet nunmehr in seiner Ausgabe vom 18. Juni 2005 auf Seite 15, die Quantenphysik stünde einer Zeitreise in die Vergangenheit mit einer Änderung des Ablaufs der Weltgeschichte entgegen, so dass das Paradoxon sich somit erledigt hätte, denn die Vergangenheit sei faktisch, während die Zukunft unbestimmt sei. Die Lösung bringe ein Anfang Juni 2005 zur Veröffentlichung eingereichtes Manuskript.
Die beiden Autoren des Manuskripts erklären mit dem Wellenaspekt der Materie, dass die Vergangenheit in Stein gemeißelt sei. Die Teilchen spalten ihre Existenz – analog zum Doppelspaltexperiment – in mehrere Partialwellen auf, wobei jede einem anderen Pfad durch Raum und Zeit folgt. Schließlich kommt ein Teilchen irgendwo an, wo die Partialwellen konstruktiv interferieren. Interferieren die Partialwellen an einem Ort destruktiv, so ist das Teilchen schließlich nicht dort. Fazit: Sollten Zeitreisen in die Vergangenheit denkbar sein – was nach heutiger Kenntnis weder die beiden Relativitätstheorien noch die Quantenphysik ausschließen – so erlebte ein Zeitreisender in der Vergangenheit nur, was konsistent mit dem Lauf der Geschichte wäre.