Kein Essen in den Tank!

Konkurrenz um Ackerflächen und steigende Getreidepreise sind Gründe genug, die staatliche Förderung von Agrokraftstoffen zu beenden

Am 13. April demonstrierten Greenpeace-Aktivistinnen und -Aktivisten an der Ölmühle von ADM im Hamburger Hafen gegen die Verarbeitung von Getreide und Pflanzenölen zu Agrarkraftstoffen. Dafür befestigten sie ein riesiges Banner mit der Aufschrift "Kein Essen in den Tank!" an etwa 30 Meter hohen Silos.

Vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges und steigenden Getreidepreisen ist eine Diskussion darüber ausgebrochen, wie sinnvoll es ist, auf knappen Ackerflächen Pflanzen für so genannte Agrokraftstoffe – auch als Biokraftstoffe genannt – anzubauen.

Seit mehr als 15 Jahren werden in Europa herkömmlichem Diesel und Benzin Kraftstoffe aus Raps, Getreide und Palmöl beigemischt. Glaubt man der Deutschen Umwelthilfe (DUH), werden derzeit zwölf Prozent des in Deutschland verwendeten Getreides für die Produktion von Bioethanol und Biodiesel eingesetzt.

Hierzulande werden jährlich über 3,4 Millionen Tonnen Getreide und Ölpflanzen zu Agrokraftstoffen verarbeitet und fossilem Diesel und Benzin beigemischt. Allein das aus der Ukraine importierte Getreide ist Grundlage für fast 40 Prozent des in Deutschland eingesetzten Agroethanols.

Der Verbrauch von Ackerflächen für den Anbau von Energiepflanzen umfasst weltweit mehr als 1,2 Millionen Hektar. Allein in Deutschland werden auf einer Fläche von knapp einer halben Million Hektar Energiepflanzen angebaut. Weil diese Flächen nicht ausreichen, müssen die Rohstoffe importiert werden.

Ausgangsbasis für die Herstellung von Bioethanol sind entweder stärkehaltige Pflanzen wie Getreide, Kartoffeln und Mais oder zuckerhaltige Pflanzen wie Zuckerrüben, Zuckerrohr sowie zellulosehaltige Biomasse. Bei der Verarbeitung werden die Früchte und Samen von Raps, Ölpalmen, Soja und Sonnenblumen ausgepresst und die gewonnenen Öle in Raffinerien zu Kraftstoff verarbeitet.

Während in Nordamerika Stärke aus Mais genutzt wird, wird in Südamerika Zucker aus Zuckerrohr zu Biokraftstoff verarbeitet. In Europa hingegen werden hauptsächlich Getreide und Zuckerrüben genutzt.

Bei Biodiesel beträgt der Anteil von Pflanzenkraftstoff – ähnlich wie bei Biobenzin – bis zu sieben Prozent. Bei Super E10 bestehen zehn Volumenprozent des Kraftstoffs aus Ethanol. Im herkömmlichen Superkraftstoff stecken bis zu fünf Prozent Bioethanol. Bis vor kurzem boten 300 Tankstellen in Deutschland unter der Bezeichnung E 85 eine Mischung aus 85 Prozent Bioethanol und 15 Prozent Mineralölbenzin an.

Doch mit dem Wegfall der Steuervergünstigung im Jahr 2015 ist dieser Kraftstoff verschwunden. Während für Biodiesel und Bioethanol nur ein Teil der Pflanze als Rohstoff genutzt wird, um Öl oder Zucker zu gewinnen, wird bei Biokraftstoffen der zweiten Generation die ganze Pflanze zur Energieproduktion verwendet – wie zum Beispiel bei Biomethan.

Umweltbilanz von Biodiesel schlechter als von fossilen Energieträgern

Agrokraftstoffe wurden eingeführt, um die Kohlendioxid-Emissionen im Straßenverkehr zu senken und das Klima zu schützen. Offiziellen Angaben zufolge betrug die Einsparung durch die Nutzung von Agrokraftstoffen im Jahr 2020 gerade mal 9,2 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalente. Durch Renaturierung könnten auf einer Fläche dieser Größe im Schnitt jährlich nahezu 16,5 Millionen Tonnen Kohlendioxid gebunden werden, rechnet eine aktuelle Studie des Ifeu-Instituts vor, die von der DUH in Auftrag gegeben wurde.

Denn nicht nur durch den Einsatz von Maschinen auf dem Acker zwecks Ernte, Transport, Lagerung und Kraftstoffverarbeitung wird klimaschädliches Kohlendioxid emittiert. Hinzu kommt der künstliche Mineraldünger, der unter erheblichem Energieaufwand hergestellt wird. Auf dem Acker ausgebracht, entweicht ihm jede Menge Lachgas. Das heizt die Atmosphäre 300 Mal stärker auf als Kohlendioxid.

Auch gibt es längst Alternativen: So ist – auf die Fläche bezogen – die Gewinnung von Solarstrom aus Photovoltaik mindestens 34 Mal effizienter als die Produktion von Agrokraftstoffen. Würde die so erzeugte Kilometerleistung durch Solarstrom gedeckt, würden nur drei Prozent der entsprechenden Fläche benötigt. Statt der halben Million Hektar, die hierzulande für den Anbau von Energiepflanzen verbraucht werden, würden dafür nur knapp 36.000 Hektar benötigt.