Kein Essen in den Tank!

Seite 2: Intensive Bewirtschaftung schadet Ökosystemen

Erhöht sich die Nachfrage nach Agrosprit, steigen entweder die Preise für Lebensmittel, oder die Gesamtanbaufläche wird ausgeweitet. Momentan ist beides der Fall.

Weil die Flächen für den Anbau von Energiepflanzen innerhalb von Europa nicht ausreichen, sind die Kraftstoffhersteller auf Rohstoffe aus Asien und Südamerika angewiesen. Die EU ist mit jährlich sieben Millionen Tonnen der weltweit zweitgrößte Importeur von Palmöl. Mehr als die Hälfte davon geht in die Produktion von Biodiesel und hydriertem Kraftstoff.

So werden für den Anbau von Soja, Palmöl oder Zuckerrohr massenhaft Regenwälder abgeholzt und brandgerodet. Dabei werden unglaubliche Mengen Kohlenstoff freigesetzt Der Sojaanbau gilt als ein der Hauptursachen für die Rodung der Regenwälder und Cerrado-Savanne in Brasilien.

Dazu kommt, dass die intensive Bewirtschaftung der Ackerflächen mit einer enormen Belastung von Boden, Wasser und Luft durch Rückstände aus Dünge- und Pflanzenschutzmitteln verbunden ist. Hinzu kommen die Treibhausgasemissionen aus der Bodenbearbeitung. Wegen des steigenden Interesses an Anbaubiomasse für Biokraftstoffe wächst die Nachfrage nach Land. Infolgedessen steigen die Preise für Boden und Ländereien.

Häufig werden wertvolle naturnahe Flächen und Habitate in Anbauflächen für Biomasse umgewandelt, heißt es in einem kürzlich veröffentlichten Dossier des Umweltbundesamtes. Das Vordringen in nicht landwirtschaftlich genutzte und schützenswerte Habitate beschleunigt den Artenverlust und befeuert die Treibhausgasemissionen.

Öl-, stärke- oder zuckerreiche Ackerfrüchte sind sowohl für die menschliche Ernährung als auch für Futterpflanzen geeignet. Damit vervielfacht sich die Nutzungskonkurrenz um vorhandene Flächen. Als Folge davon erhöhen sich die Nahrungsmittelpreise – vorwiegend im Globalen Süden. Damit einher geht die Vertreibung indigener Einwohner von ihren Ländereien sowie die Missachtung von Land- und Wasserrechten.

Privilegien für Agrardiesel abschaffen?

Weil es fossile Energieträger subventioniert, stehe die Steuervergünstigung für Agrardiesel im Widerspruch zum Ziel des Klimaschutzes, erklärt das Umweltbundesamt (UBA). Die Agrardieselvergünstigung in Höhe von 21,48 Cent je Liter sollte darum abgebaut werden, ebenso die Befreiung landwirtschaftlicher Fahrzeuge von der Kraftfahrzeugsteuer. Dies beträfe ein Subventionsvolumen von 470 Millionen Euro pro Jahr.

Die Steuerbefreiung verstärke den Trend, immer schwerere Maschinen in der Landwirtschaft einzusetzen, heißt es von Seiten des Umweltbundesamtes. Dies sei umwelt- und klimaschädlich, erhöhe den Kraftstoffverbrauch und schädige und verdichte landwirtschaftlich genutzte Böden. Mit den Steuermehreinnahmen aus dem Abbau der Agrardieselvergütung und der Kfz-Steuerbefreiung sollten besser ökologische Leistungen der Landwirtschaft stärker honoriert werden.

Die Behörde fordert die Bundesregierung dazu auf, die Befreiung landwirtschaftlicher Fahrzeuge von der Kfz-Steuer aufheben. Mit dieser Forderung stieß das UBA auf Kritik von Seiten der Agrarbranche. Es handele sich hierbei nicht um eine Subvention, sondern um einen "Teilausgleich für eine massive Benachteiligung", erklärte etwa DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken. In Frankreich und Polen seien die Steuersätze deutlich niedriger.

Um fast eine Milliarde Euro würde die Steuerlast der deutschen Landwirte allein beim Diesel steigen. Deutsche Landwirte aber – ob öko oder konventionell – brauchen gleiche Wettbewerbsbedingungen. Die Landwirtschaft werde aus dem eigenen Land vertrieben, ärgerten sich die Landwirte. Werde die Steuervergünstigung abgeschafft, würden auch die Lebensmittel deutlich teurer werden, wird argumentiert.

Für ein Ende der staatlichen Agrokraftstoff-Förderung

Allen Einwänden zum Trotz beschloss die EU-Kommission, auf der Grundlage einer EU-Richtlinie vom Dezember 2018 die Verwendung von Palmöl in Dieselkraftstoff ab 2023 schrittweise zu reduzieren und bis 2030 zu beenden. Demnach dürfen die Hersteller ab dem kommendem Jahr kein Palmöl mehr nutzen. So sind Treibstoffhersteller seit Ende September 2021 verpflichtet, den Anteil der klimaschädlichen Emissionen ihrer Kraftstoffe kontinuierlich zu senken.

Um eine Ausweitung der Anbauflächen für Agrokraftstoffe zu verhindern, schreibt die EU inzwischen eine Deckelung bei der Verwendung von Palmöl vor. Auch Sojaöl sollte aus dem Kraftstoff ausgeschlossen werden, fordert die Initiative "Rettet den Regenwald".

Die Beimischung von Palm- und Sojaöl im Biokraftstoff kann allerdings schon viel früher beendet werden. Bereits im Dezember 2018 beschloss die französische Nationalversammlung, Palmöl bis 2020 aus dem Biosprit zu verbannen. Diesem Beispiel könnte Deutschland nun folgen.

Prinzipiell soll der Mindestanteil erneuerbarer Energien im Verkehr von zehn Prozent im Jahr 2020 auf 14 Prozent bis 2030 steigen. Mindestens die Hälfte davon sollen mit Biomasse aus Rest- und Abfallstoffen produziert werden.

Es sei nicht vertretbar, weiter Getreide und andere Lebensmittel in Autotanks zu füllen, während in Ländern im Nahen Osten und in Afrika Hungersnöte drohen, erklärte DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner. Diese Fläche müsse dem Anbau von Nahrungsmitteln zur Verfügung stehen. Bereits vor dem Ukraine-Krieg war die Beimischung von Agrokraftstoffen aus Getreide, Raps & Co. zu fossilem Sprit eine Katastrophe für Klima und die Biodiversität.

Angesichts der drohenden Nahrungsmittelkrise ist das Verbrennen von potenziellen Lebensmitteln verantwortungslos. Ohnehin werden nun auf Grund der aktuellen Kriegssituation wohl große Mengen Getreide aus der Ukraine und aus Russland ausbleiben.

Um das Verbrennen von Lebensmitteln für sogenannte Agrokraftstoffe umgehend zu stoppen, startete die DUH eine Petition, in der sie Bürger und Bürgerinnen auffordert, eine entsprechende Protest-Mail an Bundesumweltministerin Steffi Lemke und Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir zu schreiben.