Keine Anklage im größten Bestechungsfall der deutschen Geschichte
Nur nicht zu schnell ermitteln, scheint sich die bayerische Justiz zu sagen - Ecclestone ist ja bereits 81
Wie auf Telepolis dokumentiert (Bedingungsloses Grundeinkommen für Ecclestone?), hat der ehemalige Finanzvorstand der Bayerischen Landesbank, Gerhard Gribkowsky, zugegeben, vom Formel 1-Chef Bernie Ecclestone 44 Millionen Dollar Schmiergeld erhalten zu haben, um die von der Landesbank gehaltenen Fomel-1-Anteile unter Wert an die Ecclestone genehme CVC zu verkaufen. Gribkowsky wurde vom Landgericht München zu acht Jahren Gefängnis ohne Bewährung verurteilt. Ecclestone dagegen ist frei. Wie geht es weiter im größten Bestechungsfall der deutschen Geschichte?
Kurz nach der Verurteilung Gribkowskys, dessen Geständnis strafmildernd gewertet wurde, arbeitete angeblich die Staatsanwaltschaft München "mit Hochdruck" an einer Anklage gegen den damals 81-jährigen Paten der Formel 1. Da sowohl das Schmiergeld beschlagnahmt wurde, das Geständnis vorlag und auch die Motivation klar war – Ecclestone hatte selbst von der Bayerischen Landesbank eine Vermittlungsprovision in Höhe von 66 Millionen Dollar erhalten – stand einer Anklage nichts im Weg.
Während die Staatsanwalt Hannover bei einer weitaus unklareren Beweislage nun allen Ernstes gegen Christian Wulff Anklage wegen der Einladung auf das Oktoberfest in Höhe von 754 Euro erhebt, ermitteln die Münchner noch – bereits seit 2011. Zweimal wurde Ecclestone bei den Ermittlungen gegen Gribkowsky vernommen. Zweimal log er.
Inzwischen ist Ecclestone, dessen Vermögen, aus dem das Schmiergeld bezahlt wurde, in britischen Steueroasen versteckt ist, als Geschäftsführer der Formel 1 Angestellter der CVC. Demnach hätte er nie eine Vermittlungsprovision erhalten dürfen. Die Bayerische Landesbank sieht das auch so und fordert von Ecclestone 400 Millionen Euro Schadenersatz.
Bayern verdoppelte seine Staatsschulden durch Fehlspekulationen
Aber weder die maroden bayerischen Staatsbanker, die dem Freistaat zweistellige Milliardenverluste bescherten, noch die Münchner Staatsanwälte gingen bisher vor Gericht. Dabei wurden die 66 Millionen Dollar an Ecclestone ganz aus Steuergeldern beglichen.
Wie der Sprecher der Staatsanwaltschaft München I, Staatsanwalt Peter Preuß, auf Anfrage von Telepolis am 18.04.2013 mitteilte, sei gegen Ecclestone bisher noch keine Anklage erhoben worden. Zu den laufenden Ermittlungen wollte er sich nicht äußern.
Fakt ist: Der Fall Gribkowsky ist der mit Abstand größte Bestechungsfall der deutschen Geschichte. Auch die verhängte Strafe ist die höchste bisher für dieses Delikt verhängte. Warum aber wird nur der Bestochene, nicht aber der Bestechende angeklagt?
Ein möglicher Grund läge in der Paradoxie, dass die Staatsbanker selbst 66 Millionen Dollar an Ecclestone überwiesen, obwohl sie hätten wissen können und müssen, dass Ecclestone mit der CVC unter einer Decke steckt. Die völlige geschäftliche Unfähigkeit der Vorstände der Bayern LB ist ein Thema, das man nicht gerne in der bayerischen Landtagswahl 2013 haben möchte.
Bayern, das sich rühmt, die geringsten Schulden unter allen Bundesländern zu haben, hat seine Staatsschulden in nur zehn Jahren fast verdoppelt – in erster Linie wegen zahlreicher Fehlspekulationen der Bayerischen Landesbank. Das Loch in der Bilanz betrug zeitweise 31 Milliarden Euro.
Neben dem missglückten Kauf der Hypo Alpe Adria setzten die bajuwarischen Geldfürsten auch im Grand-Hotel auf dem Obersalzberg und in ungarischen Hypothekendarlehen ihrer Tochter MKB Millionen in den Sand.
Der Formel-1-Zirkus ist ein Liebling der Werbewirtschaft und der Medien
Da die Daimler AG für den Fall einer Anklage gegen Ecclestone bereits erklärte, die Formel 1 verlassen zu wollen, könnte Ecclestone vor Gericht auch das Ende für die deutsche Volksreligion Formel 1 bedeuten. Diese ist zwar in keiner Hinsicht eine Sportveranstaltung, gilt jedoch in der Automobilindustrie als "Innovationsmotor". Auch RTL würde seine viel zu teuer bezahlten Formel-1-Rechte nicht gerne verlieren. Deutsche Top-Unternehmen wie Allianz, Puma, DHL und Hugo Boss werben mit Millionenbudgets in der Formel 1. Tausende Redakteure, die derzeit Meldungen und Berichte über die Formel-1-Rennen, über Vettel und Alonso schreiben, würden arbeitslos.
Man kann den Eindruck gewinnen: Die bayerische Justizministerin Merk möchte im Falle Ecclestone wie im Falle Mollath wieder beweisen, wie "unabhängig" die in letzter Zeit öfters unfähige bayerische Justiz von der Regierung ist.
Der Anwalt Gribkowskys, Dirk Petri, kritisierte jedenfalls bereits im Juli 2012, dass die Staatsanwaltschaft bei Ecclestone untätig blieb.
Die Formula One Group Limited gehört sinnvollerweise einer Firma namens "Delta Topco", die in einem Postfach auf der Insel Jersey lebt. Die "Delta Topco" wiederum gehört – dem Bayern-LB-Partner CVC. Wenn also die Bayerische Landesbank Geld möchte, darf sie gegen ein Postfach in Jersey klagen, das bei verlorener Klage gekündigt wird. Viel Spaß!
Am 28. Oktober 2013 wird Bernie Ecclestone 83 Jahre alt – ein Leben, das weitgehend im rechtlichen Untergrund, mit Korruption und Insiderdeals zum Erfolg wurde. Die Bayern hoffen, dass Bernie sich zur Ruhe setzt – oder von uns scheidet, bevor ein Auslieferungsgesuch gestellt wird. Wenn man die bayerische Justiz kennt, ist allerdings nicht zu erwarten, dass dies geschieht. Großbritannien nämlich liefert nämlich nicht einmal ruandische Völkermörder an Ruanda aus – um wie viel weniger dann das "very british" Schlitzohr Bernie wegen dem Abzocken von "stupid German money"?