Keine Verhandlungen, mehr Waffen, mehr Widerstand
Seite 2: Kriegspartei Deutschland?
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Deutschland wiederum will den Großteil der Mitte April neu ausgelobten zwei Milliarden Euro für die "Ertüchtigung" befreundeter Akteure für die Ukraine verwenden. Zwar berichtete das Redaktionsnetzwerk Deutschland erst vor wenigen Tagen, aus einer Anfrage der Anfrage der Linken-Abgeordneten Sevim Dagdelen gehe hervor, der Wert deutscher Waffenlieferungen an die Ukraine würde sich bislang "nur" auf rund 190 Millionen Euro belaufen, allerdings dürfte dieser Wert mit der nun beschlossenen Lieferung schwerer Waffen schnell in die Höhe schießen.
Schon Ende April wurden 50 Gepard-Flugabwehrpanzer bewilligt, während es zunächst um die Lieferung von Panzerhaubitzen 2000 noch widersprüchliche Informationen gab (siehe Schickt Scholz Panzerhaubitzen der Bundeswehr in die Ukraine?). Am 6. Mai wurde dann aber auch über deren Bewilligung berichtet:
Deutschland will der Ukraine weitere schwere Waffen liefern: Nach Angaben von Verteidigungsministerin Lambrecht soll Kiew sieben Panzerhaubitzen vom Typ 2000 erhalten. Auch eine Ausbildung werde den ukrainischen Streitkräften angeboten.
Tagesschau
Damit droht Deutschland aber laut dem im Auftrag der Linken erstellten Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste: "Rechtsfragen der militärischen Unterstützung der Ukraine durch NATO-Staaten zwischen Neutralität und Konfliktteilnahme" die Schwelle zur Kriegspartei zu überschreiten.
Bei der bisherigen Unterstützung handele es sich um eine "Gratwanderung", heißt es darin. Mit ihr seien "gravierende rechtliche und militärische Folgen verbunden – von einer geographischen Ausweitung des Konfliktgebietes bis hin zum (nuklearen) Eskalationspotential".
Allerdings sei im Falle einer – beim Ukraine-Krieg eindeutigen – Verletzung des Gewaltverbots der UN-Charta "kein Staat mehr zur 'Neutralität' gegenüber den Konfliktparteien verpflichtet". Dabei wäre durch eine "militärische Unterstützung einer bestimmten Konfliktpartei in Form von Waffenlieferungen […] noch nicht die Grenze zur Konfliktteilnahme" überschritten.
Allerdings legt das Gutachten nahe, dass durch die nun beschlossene, in Deutschland erfolgende Ausbildung ukrainischer Soldaten für den Gebrauch der Panzerhaubitze 2000 diese rote Linie wohl endgültig überquert werden könnte:
Wenn neben der Belieferung mit Waffen auch die »Einweisung der Konfliktpartei bzw. Ausbildung an solchen Waffen in Rede stünde, würde man den gesicherten Bereich der Nichtkriegsführung verlassen.
Gutachten Wissenschaftliche Dienste Deutscher Bundestag
Zwar weist der militärnahe Blog Augen geradeaus richtigerweise darauf hin, dass sich diese Einschätzung nur auf eine Quelle beziehe, den zitierten Bochumer Völkerrechtler Pierre Thielbörger. Dennoch ist völlig klar, dass die Bundesregierung wie auch ihre Nato-Verbündeten ein immer gefährlicheres Spiel mit dem Feuer betreiben, dem ein immenses Eskalationspotential innewohnt.
Dreht sich die Stimmung?
Augenscheinlich nimmt die Zahl derer, die im Eskalationskurs des Westens und der Bundesregierung eine große Gefahr erblicken, an Zahl zu. Deutlichstes Beispiel hierfür war der von der Emma veröffentlichte und zunächst von 28 Intellektuellen und Künstler:innen unterzeichnete offene Brief an Olaf Scholz.
In ihm wird sowohl vor dem "Risiko der Eskalation dieses Krieges zu einem atomaren Konflikt" und dem "Maß an Zerstörung und menschlichem Leid unter der ukrainischen Zivilbevölkerung" gewarnt, die von der westlichen Stellvertreter-Strategie verursacht werden (siehe "Risiko einer Ausweitung des Krieges auf ganz Europa").
Sofort wurde scharf gegen die Unterzeichner:innen geschossen, unter anderem mit einem von rund 50 Personen unterstützten offenen Brief des Zentrums für Liberale Moderne, das sich immer mehr als Bastion der Hardliner etabliert. Trotz aller Häme gegenüber dem – zugegebenermaßen teils nicht sonderlich elegant formulierten – Schreiben, das in der Emma veröffentlicht wurde, scheint es die Sorgen eines immer größeren Teils der Bevölkerung auf den Punkt gebracht zu haben. Den in eine Petition umgewandelten offenen Brief an Olaf Scholz haben inzwischen immerhin bereits rund 235.000 Menschen unterzeichnet.
Generell bestätigen jüngste Umfrageergebnissen, dass sich die Stimmung in Deutschland dreht – so berichtet das RTL/ntv-Trendbarometer am 3. Mai über seine jüngsten Befragungsergebnisse:
Hatten sich in der letzten Erhebung Anfang April noch 55 Prozent der Bundesbürger für eine Lieferung von Offensivwaffen und schwerem Gerät an die Ukraine durch Deutschland ausgesprochen, ist dieser Anteil im aktuellen RTL/ntv Trendbarometer auf 46 Prozent gesunken. Von 33 auf 44 Prozent gestiegen ist demgegenüber der Anteil der Bundesbürger, die sich generell gegen die Lieferung von Offensivwaffen und schwerem Gerät an die Ukraine aussprechen.
RTL/ntv Trendbarometer