Schickt Scholz Panzerhaubitzen der Bundeswehr in die Ukraine?
Offiziell ist noch keine Entscheidung getroffen. Fachabteilungen wissen laut Medien aber schon mehr
Zu den Stärken der Panzerhaubitze 2000 neben der bis zu 30-Kilometer-Reichweite ihrer, wie vom Hersteller Rheinmetall gerühmt wird, sehr zielgenauen Schüsse, gehört, dass sie nach dem Abfeuern schnell wegfahren kann – "shoot and scoot" –, so dass sie ihrerseits gut vor Gegenfeuer geschützt sei. Wie sieht das Risiko bei der Anlieferung der gepanzerten Haubitzen aus?
Es heißt, dass die russische Armee gegenwärtig Eisenbahnstrecken beschießt, um Waffenlieferungen in den Osten und Süden der Ukraine zu erschweren. Wie die Panzerhaubitzen dorthin gelangen, wo sie gebraucht werden, darüber ist nicht viel zu erfahren. Es gibt, wie Fotos von ausgeladenen Panzerfahrzeugen zeigen, die Möglichkeit, dass sie über Transportflugzeuge geliefert werden. Würde die Führung der russischen Armee auf den Gedanken kommen, solche Flugzeuge anzugreifen, könnte dies auf eine Eskalation hinauslaufen.
Das ist, wie schon der Konjunktiv anzeigt, eine hypothetische Fragestellung. Die Abwägung, wonach Waffenlieferungen einerseits den Schutz der Ukraine vor russischen Angriffen erhöhen, anderseits aber auch Risiken verstärken, dass sich der Konflikt ausweitet, wird mit Positionierungen beantwortet, das ist keine Mathematik, sondern Politik. Kriegsverläufe sorgen allerdings immer wieder für böse Überraschungen.
Gegenwärtig setzt sich in der Bundesregierung immer stärker die Ansicht durch, dass man das Risiko tragen kann, dass es drängender ist, der Ukraine mit schweren Waffen zu helfen – Umfragen in der Bevölkerung dazu geben ein gespaltenes Bild ab.
Laut Verteidigungsministerin Christine Lambrecht wurde zur Lieferung der Panzerhaubitzen aus deutschen Beständen "bislang keine Entscheidung getroffen", wie das Blog Augen geradeaus, gestern berichtete. Allerdings würde nach Möglichkeiten gesucht, "die von den Niederlanden zugesagten fünf Geschütze des Typs Panzerhaubitze 2000 aufzustocken".
Am Vortag war von der Welt berichtet worden, dass sich in der Regierung die Absicht durchsetze, dass aus Bundeswehrbeständen sieben Artilleriegeschütze des Typs Panzerhaubitze 2000 zur Verfügung gestellt werden.
Heute berichtet die Zeitung, die in vielen ihrer Kommentare aus ihrer grundsätzlichen Unterstützung für Waffenlieferungen an die Ukraine kein Hehl macht, dass man in den "Fachabteilungen des Verteidigungsministeriums und im Deutschen Heer" am Mittwoch erstaunt über die Äußerungen Christine Lambrechts gewesen sei. Denn:
Seit Dienstagmorgen wird unter Hochdruck daran gearbeitet, sieben Systeme aus dem knappen Bestand an einsatzbereiten Haubitzen der Bundeswehr zu extrahieren, um sie der Ukraine zur Verfügung zu stellen. Mehrere Quellen bestätigten Welt, dass die Ministeriumsspitze das im Vorfeld der Meseberger Klausur so angeordnet habe - obwohl führende Militärs vor den Folgen für die deutschen Bündnisverpflichtungen im Rahmen der Nato gewarnt hatten. Der Grund demnach: politischer Druck nach dem Treffen mit den internationalen Verbündeten vorige Woche in Ramstein.
Die Welt
Die Sache sei eigentlich klar, so die Welt: "Die Bundesregierung liefert sieben Haubitzen. Anders ist es nur, wenn eine solche Entscheidung außerhalb der vom Kanzler vorgegebenen Richtlinie läge. Aber das ist nicht der Fall: Scholz hatte seine Bereitschaft zur Lieferung schwerer Waffen zuletzt mehrfach bekräftigt."
Es gehe nun um Detailverhandlungen des Kanzlers mit der niederländischen Regierung, so die Informationen der Zeitung. "Dass die Panzerhaubitze geschickt werden soll, zur Not eben auch aus Beständen der Bundeswehr, ist dagegen beschlossene Sache."
Bemerkenswert ist, dass man, wie die Zeitung erfuhr, auch versuchte, andere Betreibernationen der Panzerhaubitze 2000 wie Italien "dazu zu bewegen, sich an einem Pool mit den Niederlanden zu beteiligen". Offenbar vergeblich. Auch sollen sich die Niederlande geweigert haben, mehr als fünf Panzerhaubitzen aus ihren Beständen herauszugeben.
Thomas Wiegold vom Militärblog "Augen geradeaus" fiel noch ein bemerkenswerter Aspekt der Aussage von Lambrecht (die man bei auf dem Blog nachhören kann) auf: Die "– erstmalige – öffentliche Aussage der Ministerin, dass tatsächlich derzeit nur rund 40 dieser Geschütze bei der Bundeswehr einsatzbereit sind. Öffentlich war diese Zahl zuletzt 2018 genannt worden; seitdem schien es einen besseren Klarstand der Panzerhaubitze 2000 gegeben zu haben, was aber aktuell offensichtlich nicht gilt."
Zum andere stelle sich, was den Gefechtswert der Panzerhaubitzen angehe, unabhängig von der Zahl der gelieferten Geschütze, die Frage, ob sie als stand-alone-Waffen zur Verfügung gestellt würden "oder in ein Feuerleitsystem eingebunden, das erst den Gefechtswert dieser mobilen Systeme ermöglicht?"